6%ige Nachzahlungszinsen

Finanzämter gewähren Aussetzung der Vollziehung

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
23 Aug. 2018

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jüngst in einem Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (AdV) entschieden, dass der gesetzliche Zinssatz von jährlich 6 % für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2015 schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnet.

Hinweis: Mit diesem vielbeachteten Beschluss erhielt ein Ehepaar recht, das nach einer Außenprüfung eine Einkommensteuernachzahlung von 1,98 Mio. € leisten sollte. Da die Steuerzahlung ein Altjahr betraf, hatte das Finanzamt 6%ige Nachzahlungszinsen (insgesamt 240.831 €) eingefordert. Der BFH setzte die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang aus.

Aufgrund dieser Rechtsprechung hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun in einem neuen Schreiben erklärt, in welchem Rahmen die Finanzämter eine AdV auch in anderen Fällen gewähren dürfen. Konkret gilt:

  • Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2015: Wendet sich ein Steuerbürger mit einem Einspruch gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung (mit 6%igem Zinssatz), sollen die Finanzämter ihm auf Antrag grundsätzlich eine AdV gewähren, sofern Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2015 betroffen sind. Unerheblich ist dabei, zu welcher Steuerart und für welches Steuerjahr die Zinsen festgesetzt wurden.

  • Verzinsungszeiträume vor dem 01.04.2015: Sofern ein Steuerbürger eine AdV für vor dem 01.04.2015 liegende Verzinsungszeiträume beantragt, liegen die Hürden höher. Die Finanzämter sollen dann die AdV nur gewähren, wenn die Vollziehung der Zinsbeträge eine unbillige (nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene) Härte zur Folge hätte und der Steuerbürger ein besonderes berechtigtes Interesse an der AdV hat. Das Interesse des Steuerbürgers an der AdV muss aber gegen entgegenstehende öffentliche Belange abgewogen werden. In diesem Zusammenhang müssen die Finanzämter prüfen, wie schwer der Eingriff durch den Zinsbescheid beim Steuerbürger wiegt und wie hoch das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung ist. Das BMF weist darauf hin, dass der Geltungsanspruch der Zinsvorschriften bei dieser Abwägung schwer wiegt und demgegenüber der Eingriff beim Steuerbürger als eher gering einzustufen ist.

Hinweis: Das BMF stellt klar, dass die Finanzverwaltung trotz der AdV-Gewährung nicht an der Verfassungsmäßigkeit des 6%igen Zinssatzes zweifelt.

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