Abgelehnter Nachbesetzungsantrag

Selbstzahlende Kassenpatienten gehören nicht zum notwendigen Praxissubstrat

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
03 Juni 2020

Betreibt eine Kassenärztin ihre Praxis seit Jahren nur noch stockend oder nur noch teilweise vertragsärztlich, kann der Zulassungsausschuss eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes ablehnen. Aus welchen Gründen ein Praxisverkauf in solchen Fällen genau scheitern kann, legte das Sozialgericht München im folgenden Fall dar.

 

Eine Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten war seit 1994 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Zulassung der Klägerin ruhte in den Zeiträumen vom 01.07.2011 bis zum 30.06.2013 und vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 jeweils hälftig, vom 15.05.2017 bis zum 14.05.2018 schließlich vollständig. Seitdem war die Klägerin in den Räumlichkeiten privatärztlich tätig und behandelte in der Folgezeit gesetzlich versicherte Patienten als Selbstzahler.

 

Der Zulassungsausschuss führte Ende 2017 auf Antrag der Klägerin ein Nachbesetzungsverfahren durch, wobei sich allerdings kein geeigneter Bewerber fand. Im Mai 2018 beantragte die Klägerin eine erneute Nachbesetzung und teilte mit, dass sie nicht mehr vertragsärztlich tätig sein werde. Den zweiten Nachbesetzungsantrag lehnte der Zulassungsausschuss aber ab, weil es infolge der Einschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit mittlerweile kein hinreichendes Praxissubstrat mehr gebe, das nachbesetzt werden könne.

 

Dagegen klagte die Ärztin, scheiterte jedoch. Es sei willkürlich und nicht mit dem Sinn und Zweck des Nachbesetzungsverfahrens zu vereinbaren, wenn sich zunächst kein Bewerber finde und Anträge auf Durchführung eines Nachfolgeverfahrens so lange gestellt würden, bis es zu einer Nachfolge komme. Die Frage, ob eine Praxis nicht mehr fortführungsfähig sei, hänge vom Einzelfall ab.

 

Je länger eine Vertragsarztpraxis nicht betrieben wird, desto mehr spricht dafür, dass eine Fortführungsfähigkeit nicht mehr besteht. Zum Vorhandensein eines ausreichenden Praxissubstrats gehört ein Patientenstamm, bei dem die ärztlichen Leistungen über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet werden. Kassenpatienten, die als Selbstzahler behandelt werden, zählen hingegen nicht dazu.

 

Hinweis: Abgabewillige Ärzte sollten zuerst nach einem Praxisnachfolger suchen, bevor sie die Nachbesetzung beantragen - sonst laufen sie Gefahr, dass der Nachbesetzungsantrag mangels Bewerber ins Leere läuft und der Zulassungsausschuss dann einen weiteren Nachbesetzungsantrag als willkürlich ansieht und ablehnt.

 

SG München, Urt. v. 06.11.2019 – S 38 KA 162/18;

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