Ob eine Schenkung von Aktien an die eigenen, erst wenige Monate alten Kinder und eine anschließende Veräußerung der Wertpapiere durch die Kinder steuerlich ein Gestaltungsmissbrauch ist, hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich untersucht.
Im vorliegenden Fall hatte eine Mutter ihren 17 Monate und einen Monat alten Töchtern jeweils fünf Aktien einer AG geschenkt, deren Aufsichtsrat sie angehörte. Eine Woche nach der Schenkung veräußerten die Kinder einen Teil der Aktien an ein Vorstandsmitglied der AG und erklärten in ihren Einkommensteuererklärungen einen Veräußerungsgewinn von jeweils 4.640 € . Da beide Kinder über keine weiteren Einkünfte verfügten, lag ihr Jahreseinkommen unter dem Grundfreibetrag, so dass die Veräußerungsgewinne komplett steuerfrei blieben.
Das Finanzamt ging aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Erwerb und Verkauf der Aktien durch die Kinder von einem steuerlichen Gestaltungsmissbrauch aus und setzte die Gewinne bei der Mutter an. Diese hielt entgegen, dass die Übertragung der Aktien auf die Kinder der Zustimmung der Gesellschaft bedurft und der spätere Käufer der Aktien erst dadurch von der Übertragung erfahren und ein konkretes Kaufangebot unterbreitet habe.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) folgte der Beurteilung des Finanzamts und erklärte, dass die Zwischenschaltung der Kinder nur erfolgt sei, damit die Mutter den Veräußerungsgewinn nicht selbst habe versteuern müssen. Nachdem die Schenkungen durch den Vorstand und den Aufsichtsrat genehmigt worden seien, hätte die Mutter die Schenkungen noch ohne weiteres stoppen können. Dass sie dies nicht getan habe, spreche für den unbedingten Willen, ihre Kinder zwischenzuschalten.
Der BFH hob das Urteil nun jedoch auf und verwies die Sache zurück an das FG zur anderweitigen Verhandlung. Gemäß den Bundesrichtern beruhte die Würdigung des FG auf einer rechtlich fehlerhaften Annahme, denn es war davon ausgegangen, dass der Vollzug der Schenkung nach Zustimmung der Gesellschaft noch hätte gestoppt werden können. Diese Annahme war aber unzutreffend, denn mit Erteilung der Zustimmung war die Schenkung bereits wirksam und vollzogen; sie hätte von der Mutter also nicht mehr aufgehalten werden können.
Somit hätte das FG aus der Durchführung der Schenkung nicht schlussfolgern dürfen, dass es der Mutter unbedingt auf die Zwischenschaltung der Kinder angekommen sei. Nach Gerichtsmeinung lässt auch allein die zeitliche Nähe zwischen Schenkung und Aktienverkauf noch nicht den Schluss zu, dass der Verkauf vor der Schenkung bereits geplant gewesen sei, sofern nicht eindeutig festgestellt werden könne, dass der Verkauf der Aktien vor der Schenkung bereits eine „beschlossene Sache“ gewesen sei.