Arzthaftungsanspruch

Verjährung bei vorliegendem Privatgutachten

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
26 Aug. 2022

Der Arzthaftungsanspruch eines Patienten gegen den ihn behandelnden Arzt verjährt nach Ablauf von drei Jahren ab Kenntnis des Behandlungsfehlers. Ein solcher liegt immer dann vor, wenn gegen die von einem Arzt erwartete Sorgfalt und den medizinischen Standard verstoßen wurde. Von Kenntnis (oder grob fahrlässiger Unkenntnis) des Patienten oder dessen gesetzlichen Vertreter über einen Behandlungsfehler kann jedoch nicht bereits die Rede sein, wenn lediglich der Schaden der ärztlichen Behandlung bekannt ist – es muss vielmehr bekannt sein, dass der ärztliche Behandlungsfehler die Ursache des Schadens ist. Das Oberlandesgericht Dresden (OLG) hat jüngst bestätigt, dass bereits die Kenntnis über einen Behandlungsfehler durch ein entsprechendes Privatgutachten hierfür in der Regel ausreichend ist. Der Patient muss sich außerdem die etwaige positive Kenntnis oder die grobfahrlässige Unkenntnis eines Vertreters (z.B. Anwalt) anrechnen lassen.

Geklagt hatte eine Frau, die Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers gegenüber einer psychiatrischen Klinik geltend machen wollte. Bereits im Jahr 2016 hatte ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkasse einen solchen Behandlungsfehler bejaht. Nicht nur die Patientin, sondern auch deren Anwalt hatten also schon 2016 Kenntnis über das Gutachten und somit über das vom Standard abweichende Verhalten des Arztes.

Die Klage vor dem OLG wurde nach erhobener Einrede der Klinik, der Anspruch sei verjährt, zurückgewiesen. Dem Anwalt war das Gutachten bekannt, sodass die Klägerin sich die Kenntnis des Anwalts bezüglich des Gutachtens anrechnen lassen müsse.

Hinweis: Die Frage, wann ein medizinischer Laie Kenntnis von einem Behandlungsfehler erlangt, ist in der Praxis nur schwer zu beantworten. Patienten haben jedoch die Möglichkeit, ein Gutachten durch die Krankenkasse anfertigen zu lassen und so diese Frage zu klären. Um eine Verjährung des Anspruchs zu verhindern, muss binnen drei Jahren Klage gegen den behandelnden Arzt bzw. gegen die behandelnde Klinik eingereicht, ein Mahnbescheid beantragt oder ein Schlichtungsverfahren eingeleitet werden. Auch die Aufnahme von Gesprächen mit dem Arzt oder dessen Haftpflichtversicherung hemmt die Verjährung.

Das könnte Sie interessieren

08Sept.2020

Verjährung bei Behandlungsfehler: Geschädigter muss sich nicht um Aufklärung bemühen

Die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 Bürgerliches Gesetzbuch wird mangels grob fahrlässiger Unkenntnis von den einen Anspruch begründenden Umständen grundsätzlich ...

Mehr erfahren
29Nov.2021

Einsicht in Patientenakte: Patienten haben Anspruch auf Kopien ihrer Behandlungsunterlagen

Jeder Patient, der einen Behandlungsfehler geltend machen oder durch einen Rechtsanwalt prüfen möchte, ob seine Behandlung nach dem medizinischen Standard erfolgt ist, ist ...

Mehr erfahren
25Mai2022

Behandlungsunterlagen: Einsichtsrecht der Krankenkasse

In der Regel erbitten Patienten selbst Einsicht in ihre Behandlungsunterlagen. Dieser Fall ist rechtlich geregelt. In Einzelfällen verlangen aber auch die gesetzlichen Krankenversicherungen ...

Mehr erfahren
14Juni2022

Kein Behandlungsfehler: Suizid am Tag der Entlassung aus stationärer Behandlung

Bei suizidgefährdeten Patienten kann auch die Inkaufnahme des Risikos einer Selbstschädigung therapeutisch geboten sein. Dass der Patient Suizidgedanken äußert, erlaubt ...

Mehr erfahren
17Okt.2023

Never Events: Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern

Im vergangenen Jahr hat der Medizinische Dienst bundesweit über 13.000 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt. In jedem vierten Fall wurde ein ...

Mehr erfahren
12März2019

Bedrohlicher Befund: Informationspflicht auch nach Behandlungsende

Wie ein Arzt zu reagieren hat, wenn er zu einem Patienten nach Ende des Behandlungsvertrags Arztbriefe mit bedrohlichen Befunden und gegebenenfalls angeratener Behandlung ...

Mehr erfahren