Vorsorgeaufwendungen, wie beispielsweise Altersvorsorgeaufwendungen für die Basisversorgung oder Beiträge zur Basiskrankenversicherung, dürfen nur als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen.
Hinweis: Mittels dieser Regelung möchte der Steuergesetzgeber einen doppelten steuerlichen Vorteil ausschließen, der sich bei einem Sonderausgabenabzug ohne Besteuerung der damit zusammenhängenden Einnahmen ergeben würde.
Im Jahr 2017 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache „Bechtel“ die Reichweite dieser Abzugsbeschränkung begrenzt. Stein des Anstoßes war ein Rechtsstreit zwischen einem Ehepaar aus Baden-Württemberg und dem Finanzamt Offenburg, in dem zu klären war, ob in Frankreich gezahlte Beiträge zur Altersvorsorge- und Krankenversicherung der Ehefrau bei der deutschen Einkommensteuerveranlagung abziehbar waren.
Der EuGH urteilte, dass es der unionsrechtlichen Arbeitnehmerfreizügigkeit entgegenstehe, wenn ein Mitgliedstaat regle, dass Altersvorsorgeaufwendungen und Krankenversicherungsbeiträge von einem Sonderausgabenabzug ausgenommen seien, sofern
ein Arbeitnehmer in einem EU-Mitgliedstaat tätig sei, jedoch in Deutschland wohne und
sein Arbeitslohn nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von der inländischen Besteuerung freigestellt sei.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun auf das Urteil aus Luxemburg reagiert und das Abzugsverbot entsprechend gelockert. Nach dem neuen BMF-Schreiben sind Vorsorgeaufwendungen - entgegen dem derzeitigen Gesetzeswortlaut - auch dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn
solche Beiträge in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen, die in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat erzielt werden,
diese Einnahmen nach einem DBA im Inland steuerfrei sind,
der Beschäftigungsstaat keinerlei Abzug der mit den steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Beiträge im Besteuerungsverfahren zulässt und
auch das DBA die Berücksichtigung der persönlichen Abzüge nicht dem Beschäftigungsstaat zuweist.
Hinweis: Die Lockerung der Abzugsbeschränkung erfolgt im Vorgriff auf eine Anpassung des Einkommensteuergesetzes und gilt in allen offenen Fällen.