Kinder, die ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb Deutschlands, der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) innehaben, werden in aller Regel nicht mehr kindergeldrechtlich berücksichtigt. Eltern haben deshalb während eines Auslandsstudiums ihres Kindes, das außerhalb der EU bzw. des EWR stattfindet, regelmäßig keinen Anspruch auf Kindergeld bzw. Kinderfreibeträge mehr. Dass sich diese kindbedingten Vergünstigungen durch einen beibehaltenen Kindeswohnsitz im Inland „retten“ lassen, zeigt ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH).
Im Entscheidungsfall hatte ein volljähriger Sohn im Jahr 2013 ein vierjähriges Bachelorstudium in China aufgenommen; in den Sommersemesterferien 2013 und 2014 war er für jeweils sechs Wochen in seinen elterlichen Haushalt nach Deutschland zurückgekehrt. Die Familienkasse ging davon aus, dass der Sohn seinen Wohnsitz nach China verlegt hatte, so dass sie das Kindergeld ab Beginn des Bachelorstudiums zurückforderte.
Der BFH urteilte jedoch, dass der Sohn während seines Bachelorstudiums weiterhin einen Wohnsitz im Inland innehatte und er somit kindergeldrechtlich zu berücksichtigen war. Entscheidend war für das Gericht, dass der Sohn mindestens die Hälfte seiner ausbildungsfreien Zeit in Deutschland verbracht hatte und seine Wohnverhältnisse sowie persönlichen Bindungen für einen stärkeren Bezug zu Deutschland als zum Studienort sprachen. Nicht erforderlich ist nach Gerichtsmeinung, dass das Kind den weit überwiegenden Teil seiner ausbildungsfreien Zeit in Deutschland verbringt.
Hinweis: Die Inlandsaufenthalte während eines Auslandsstudiums müssen also mindestens 50 % der ausbildungsfreien Zeit betragen, damit das Kind kindergeldrechtlich noch bei den Eltern berücksichtigt werden kann. Um einen beibehaltenen Inlandswohnsitz des Kindes später vor der Familienkasse nachweisen zu können, sollten Eltern eine sorgfältige Beweisvorsorge betreiben und beispielsweise Flug- und Zugtickets der An- und Abreise aufbewahren.