Dass ein Rechtsstreit vor Gericht mitunter eine vollkommen unerwartete Wendung nehmen kann, zeigt ein aktueller Urteilsfall des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem Eltern eines an ADHS erkrankten Kindes die Kosten für dessen psychotherapeutische Behandlung und auswärtige Unterbringung in einer Einrichtung für verhaltensauffällige Kinder als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht hatten. Mit ihrem Finanzamt stritten sie darüber, in welcher Höhe ein Kostenabzug zu gewähren ist und ob eine sogenannte Haushaltsersparnis von den Kosten in Abzug gebracht werden muss.
Der BFH erklärte jedoch, dass über die Höhe der Kosten und den Abzug einer Haushaltsersparnis gar nicht zu entscheiden war, da die Kosten mangels hinreichendem Nachweis bereits dem Grunde nach nicht abziehbar waren. Nach der Einkommensteuerdurchführungsverordnung dürfen Kosten für psychotherapeutische Behandlungen und die medizinisch erforderliche auswärtige Unterbringung eines behinderten Kindes nur dann als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, wenn ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorgelegt wird. Die ADHS-Erkrankung des Kindes war als Behinderung zu werten, so dass diese besonderen Nachweisvoraussetzungen zwingend beachtet werden mussten. Die Eltern hatten entsprechende Nachweise jedoch weder dem Finanzamt noch dem Gericht vorgelegt, weshalb ein Kostenabzug nicht eröffnet war.
Hinweis: Das Finanzamt hatte die Nachweisvoraussetzungen vermutlich nicht geprüft und den Eltern daher einen Kostenabzug von 5.800 € zugestanden. Obwohl nach dem BFH-Urteil überhaupt kein Abzug zulässig ist, darf der bereits ergangene Einkommensteuerbescheid nicht mehr zum Nachteil der Eltern geändert werden. Somit verbleibt es für sie zumindest bei einem teilweisen Abzug der Heilbehandlungskosten.