Außergewöhnliche Gehbehinderung

Fahrtkosten nur mit 0,30 € pro Kilometer absetzbar

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
12 Mai 2019

Wenn Schwerbehinderte das Merkzeichen „aG“ (= außergewöhnlich gehbehindert) in ihrem Schwerbehindertenausweis führen, können sie neben dem Behinderten-Pauschbetrag auch die angemessenen Kosten für Privatfahrten absetzen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfen bis zu 15.000 km pro Jahr mit jeweils 0,30 € als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.

Ein noch höherer Kostenabzug kommt nach der Rechtsprechung nur in „krassen Ausnahmefällen“ in Betracht, in denen zwangsläufig ein Fahrzeug genutzt werden muss, für das überdurchschnittlich hohe Kosten anfallen, oder in denen ein Fahrzeug in sehr geringem Umfang bewegt wird, so dass die Kosten pro gefahrenem Kilometer hoch ausfallen. Ein solcher Ausnahmefall ist nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht gegeben, wenn Kfz-Kosten anfallen, die nicht wesentlich höher sind als die bei Mittelklassefahrzeugendurchschnittlich üblichen.

Geklagt hatte ein stark gehbehinderter Mann, der einen Kleinbus fuhr, um seine verschiedenen Hilfsmittel (u.a. einen mobilen Lifter) unterzubringen. Seine Fahrten wollte er mit 0,77 € pro gefahrenem Kilometer als außergewöhnliche Belastungen abrechnen, das Finanzamt erkannte aber nur 0,30 € an. Die Kilometerpauschale von 0,77 € hatte der Mann aus seinen tatsächlich angefallenen Fahrzeugkosten errechnet.

Der BFH gab nun dem Finanzamt recht und urteilte, dass kein „krasser Ausnahmefall“ im Sinne der Rechtsprechung vorlag, der eine Anrechnung der Aufwendungen von mehr als 0,30 € rechtfertigen würde. Zwar war der Kläger außergewöhnlich stark gehbehindert und auf ein besonderes Fahrzeug angewiesen, die geltend gemachten Kosten lagen aber nicht wesentlich über den durchschnittlichen Fahrzeugkosten eines Mittelklassewagens und begründeten damit keinen „krassen Ausnahmefall“. Das Gericht zog als Vergleichsmaßstab die sogenannte Schwacke-Liste heran, nach der ein Mittelklassefahrzeug bei einer vierjährigen Haltedauer und einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km bereits Kosten von etwa 0,60 € pro Kilometer verursacht.

Hinweis: Zu beachten ist, dass die Kosten für den behindertengerechten Umbau eines Fahrzeugs als außergewöhnliche Belastungen zusätzlich zu den Kilometerpauschalen abgezogen werden können. Die Umrüstungskosten sind unvermeidbar, weil Automobilhersteller rollstuhlfahrergerechte Pkws nicht serienmäßig und ohne Aufpreis herstellen. Nach der BFH-Rechtsprechung kann der Umrüstungsaufwand im Jahr der Zahlung in voller Höhe abgesetzt werden. Bei der Berechnung des abzugsfähigen Kilometersatzes müssen dann aber die Anschaffungskosten des Fahrzeugs ohne die Umrüstungskosten zugrunde gelegt werden, um eine Doppelberücksichtigung zu vermeiden.

Das könnte Sie interessieren

03Jan.2020

Außergewöhnliche Gehbehinderung: Fahrtkosten sind nur mit 0,30 € pro Kilometer absetzbar

Führen Schwerbehinderte das Merkzeichen außergewöhnliche Gehbehinderung (aG) in ihrem Schwerbehindertenausweis, können sie neben dem Behinderten-Pauschbetrag auch die ...

Mehr erfahren
04Juni2017

Fahrten bei Gehbehinderung: Kosten für Motorschaden sind nicht zusätzlich absetzbar

Wer in seinem Schwerbehindertenausweis als außergewöhnlich gehbehindert (Merkzeichen aG), blind (Merkzeichen Bl) oder hilflos (Merkzeichen H) eingestuft ist, darf in seiner ...

Mehr erfahren
17Juli2015

Behindertenpauschbetrag: Bestimmte Krankheitskosten können zusätzlich abgezogen werden

Steuerzahler mit einer Behinderung können in ihrer Einkommensteuererklärung zwischen dem Abzug ihrer tatsächlichen behinderungsbedingten Aufwendungen (als außergewöhnliche ...

Mehr erfahren
10Juli2016

Fahrten zum Mietobjekt: Wann nur die ungünstigere Entfernungspauschale abziehbar ist

Vermieter können ihre Fahrten zum Mietobjekt in aller Regel mit 0,30 € pro gefahrenem Kilometer als Werbungskosten absetzen, so dass sich Hin- und Rückfahrt steuermindernd ...

Mehr erfahren
25Aug.2020

Lohnsteuer: Geldwerter Vorteil eines Firmenwagens

Wird ein Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt, ist hierfür ein geldwerter Vorteil zu ermitteln. Bekannterweise muss dieser dann der Steuer unterworfen ...

Mehr erfahren
22Apr.2017

Dienstwagenbesteuerung II: Individuelle Zuzahlungen dürfen Vorteil nach Fahrtenbuchmethode mindern

Sofern sich ein Arbeitnehmer an den Kosten seines Dienstwagens beteiligt und seine Privatnutzung nach der Fahrtenbuchmethode versteuert, werden seine Zuzahlungen vom Fiskus ...

Mehr erfahren