Ausstellen von AU-Bescheinigungen

Krankschreibung ohne persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient?

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
01 Feb. 2022

Wir befinden uns im zweiten „Corona-Winter“. Die enorme Auslastung - teilweise Überlastung - von Einrichtungen des Gesundheitswesens einschließlich Arztpraxen ist deutlich spürbar. Immerhin hat die Pandemie gezeigt, dass auch die ärztliche Diagnose und die Behandlung „aus der Ferne“ per Videosprechstunde oder durch telefonische Beratung möglich sein können. Ein diesbezügliches Urteil erging bereits im Herbst 2020, das Bezug auf eine rein computerbasierte „Beratung“ und die automatisierte Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nahm. Der Deutsche Anwaltverein weist nun aktuell auf Grundsätze und Voraussetzungen hin, die es Ärzten erleichtern soll, die korrekten Wege einzuhalten:

 

Grundsätzlich sind eine ordnungsgemäße medizinische Behandlung und Beratung unter Einsatz von Kommunikationsmedien möglich. Die Beratung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Erhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird. Im Einzelfall muss der Arzt prüfen, ob ein persönlicher Kontakt mit dem Patienten notwendig ist.

 

Hinweis: Eine Video-Sprechstunde oder eine telefonische ärztliche Beratung ist möglich, denn auch hier kommt es zu einem persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient. Nur so kann eine Einzelfallprüfung stattfinden.

 

In dem erwähnten Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg untersagte dieses einen automatisierten Dienst für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei Erkältungen. Dort mussten die Nutzer über eine Onlineplattform verschiedene vorformulierte Fragen beantworten. Kam das System zu dem Schluss, dass keine Krankschreibung möglich sei, konnte man das Ganze noch einmal durchlaufen. Danach sollten die Antworten online durch einen „Tele-Arzt“ überprüft werden. Die Krankschreibung erfolgte dann per WhatsApp und per Post. Weil hier eben keine Einzelfallprüfung durch einen Arzt stattfand und das Ergebnis allein auf den Antworten des Patienten beruhte, war dies unzulässig.

 

Deutscher Anwaltverein, Pressemitteilung v. 12.11.2021; www.arge-medizinrecht.de OLG Hamburg, Urt. v. 05.11.2020 – 5 U 175/19; www.landesrecht-hamburg.de

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