Auswärtstätigkeit

Doppelte Fahrtkosten bei Probearbeitsverhältnis, nicht aber bei Probezeit

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
30 Juni 2015

Kennen Sie die steuerlichen Vorteile einer Auswärtstätigkeit gegenüber der Arbeit an der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ (die durch die Reisekostenreform seit 2014 „erste Tätigkeitsstätte“ heißt)? Wenn Sie an Ihrer regelmäßigen Arbeits- bzw. ersten Tätigkeitsstätte eingesetzt sind, können Sie üblicherweise eine Pendlerpauschale von 0,30 €/km der einfachen Strecke zwischen Ihrer Wohnung und der Arbeit als Werbungskosten geltend machen. Bei einer Auswärtstätigkeit gelten die 0,30 €/km dagegen sowohl für den Hin- als auch für den Rückweg.

Ein unbefristet angestellter Programmierer hatte versucht, die Fahrtkosten für seine reguläre Probezeit - also die ersten sechs Monate seiner Neuanstellung - nach den Grundsätzen einer Auswärtstätigkeit anerkennen zu lassen. Als Grund nannte er dem Finanzamt die Unsicherheit bezüglich der Fortführung des neuen Arbeitsverhältnisses. Die Behörde lehnte diese Betrachtungsweise aber ab und kürzte die Fahrtkosten entsprechend auf die Hälfte.

Auch das Finanzgericht Sachsen-Anhalt (FG) konnte keinen Grund erkennen, warum die Probezeit eine andere steuerrechtliche Würdigung erfahren sollte als das - unbefristet vereinbarte - Arbeitsverhältnis, zu dem die Probezeit gehörte. Nach Auffassung des FG gibt es nämlich einen Unterschied zwischen einem Probearbeitsverhältnis und der Probezeit eines Arbeitsverhältnisses. Während im ersten Fall tatsächlich Unsicherheit über das Zustandekommen eines Vertrags herrscht, ist die Entscheidung im zweiten Fall bereits gefallen. Dass diese Entscheidung im Laufe der Probezeit noch einmal überprüft wird, ist allgemein üblich und im beiderseitigen Interesse.

Auch nach den neuen Reisekostengrundsätzen seit 2014 ist eine auf mehr als 48 Monate geplante Tätigkeit an ein- und demselben Ort keine Auswärtstätigkeit mehr. Da die geplante Tätigkeit im Streitfall sogar unbefristet war, konnte der Angestellte auch nach dem Urteil des FG weder doppelte Fahrtkosten noch Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen.

Hinweis: Trotz der Neuregelung sind die Grenzen einer Auswärtstätigkeit begrifflich und steuerlich immer noch recht verschwommen. Für viele Berufsgruppen - etwa für Straßenbahnfahrer, Müllfahrer und Handelsvertreter -  gelten außerdem Ausnahmen. Wenn Sie in Ihrer Arbeit eine Auswärtstätigkeit erkennen, aber nicht anerkannt bekommen, sprechen Sie uns bitte an.

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