Wann tatsächlich ein Anspruch auf Ruhegeld wegen einer berufsspezifischen Berufsunfähigkeit im Gegensatz zu einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit vorliegt, zeigt folgender Fall, über den das Verwaltungsgericht Stuttgart (VG) zu entscheiden hatte.
Die Apothekerin im Urteilsfall war zum Zeitpunkt der Entscheidung Mitglied der Bayerischen Apothekerversorgung. Sie hatte dort unter Vorlage mehrerer ärztlicher Gutachten Ruhegeld aufgrund dauernder Berufsunfähigkeit beantragt. Die Gutachten bestätigten, dass die Klägerin an einer Zwangsstörung schwergradigen Ausmaßes litt und daher kaum in der Lage war, das Haus zu verlassen.
Die Bayerische Apothekerversorgung hingegen stützte sich auf ein weiteres Gutachten, das keine Berufsunfähigkeit auf Dauer feststellen konnte. Die Klägerin erhob Klage, doch das VG schloss sich der Ansicht der Beklagten an und wies die Klage ab. Entsprechend der einschlägigen Satzung der Bayerischen Apothekerversorgung verlange ein Versorgungsfall das Vorliegen einer vollständigen und umfassenden Berufsunfähigkeit. Die Beweislast für das Vorliegen der Berufsunfähigkeit trage das Mitglied. Die Klägerin habe den Nachweis nicht ausreichend erbracht.
Die Klägerin habe anhand der vorgelegten medizinischen Sachverständigengutachten nur dargelegt, dass sie der Arbeit in einer „konventionellen Apotheke“ nicht mehr nachgehen könne. Diese Gutachten träfen hingegen keinerlei Aussagen über die Einsatzmöglichkeiten in anderen Bereichen des vielfältigen Apothekerberufs. Auch könne aus der bei der Klägerin seit einigen Jahren bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht zwingend auf die Berufsunfähigkeit geschlossen werden, da sich die Arbeitsunfähigkeit auf die konkret ausgeübte Tätigkeit beziehe, die Berufsunfähigkeit hingegen auf den gesamten Tätigkeitsbereich abstelle.
Hinweis: Die Apothekerin hätte also auch ohne das Bestehen eines möglicherweise die Erkrankung verschlechternden psychischen Drucks weiterhin ihrer Tätigkeit als Apothekerin nachgehen können - etwa bei Schreibtischtätigkeiten oder einer schriftlichen Beratung. Auch der Einsatz in Onlineapotheken, die ohne den unmittelbaren Kontakt mit Kunden auskommen, wäre hier denkbar gewesen.
VG Stuttgart, Urt. v. 14.01.2021 – 4 K 6874/19