Welche Regeln für die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) gelten, hat das Bundessozialgericht (BSG) im folgenden Fall konkretisiert.
Die BAG bestand aus zwei Praxispartnern (Fachärztinnen für Chirurgie), die beide mit einem vollen Versorgungsauftrag vertragsärztlich tätig waren. Bis zu seinem Tod im Mai 2015 gehörte ein weiterer Facharzt für Chirurgie (Herr F.) mit vollem Versorgungsauftrag der BAG an, der krankheitsbedingt jedoch in den relevanten Quartalen nur bei ca. 10 % des Durchschnitts der Fallzahlen des Fachgruppendurchschnitts lag. Die Fallzahlen der gesamten BAG entsprachen jedoch etwa dem Dreifachen (2.159) der durchschnittlichen Fallzahl dieser Fachgruppe.
Die zuständigen Ausschüsse und vorinstanzlichen Gerichte waren der Auffassung, dass es für die Beurteilung des nachbesetzungsfähigen Praxissubstrats nicht auf die BAG als Ganzes ankomme, sondern auf den konkreten Tätigkeitsumfang des nachzubesetzenden Vertragsarztsitzes. Sie lehnten aufgrund der âunzureichenden Teilnahmeâ von Herrn F. an der vertragsärztlichen Versorgung (kein Praxissubstrat) die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens für einen vollen Versorgungsauftrag ab.
Dieser Auffassung trat das BSG entgegen und stärkt somit ärztliche Gemeinschaftspraxen. Nicht die über die lebenslange Arztnummer abgerechneten Leistungen, sondern das Gesamtleistungsgeschehen der BAG entscheide über die Beurteilung der Nachbesetzung.
Der Ausschuss muss daher nun bewerten, ob die Nachbesetzung des frei gewordenen Sitzes in der BAG im Umfang eines weiteren halben Versorgungsauftrags durchzuführen ist. Die Auslastung der Praxis an ihrem konkreten Standort ist allerdings ein Indiz dafür, dass sie einen relevanten Stellenwert in der Versorgung hat.
Hinweis: Ist der Vertragsarztsitz, für den die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens beantragt wird, einer BAG zugeordnet, ist für die Möglichkeit der Praxisfortführung auf die BAG und nicht auf den einzelnen Arzt abzustellen. Wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt eine BAG besteht, müssen die Zulassungsgremien im Rahmen der Nachbesetzung daran anknüpfen. Entsprechend müssen sie eine solche grundsätzlich mit einem vollen Versorgungsauftrag ermöglichen, wenn die Zulassung eines Arztes mit einem vollen Versorgungsauftrag endet oder enden soll.
BSG, Urt. v. 27.06.2018 – B 6 KA 46/17 R