Das Landesberufsgericht für Ärzte (LBGÄ) in Stuttgart hat sich jüngst mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen eine Einzelpraxis als „Zentrum“ beworben werden darf und wann im Gegenzug eine berufsrechtswidrige Heilmittelwerbung vorliegt.
Geklagt hatte eine auf Neurochirurgie spezialisierte Ärztin mit Einzelpraxis. Sie ist auf die Behandlung von Beschwerden der Wirbelsäule spezialisiert und führte jährlich zwischen 200 und 260 Operationen durch - überwiegend zur Behandlung von Bandscheibenvorfällen und Stenose - sowie etwa 25 spezielle OPs des Iliosakralgelenks. Die Ärztin ist in ihrer Region die Einzige, die diese Behandlung anbietet. Diagnose und Nachversorgung der Patienten erfolgen (auch bei stationären Operationen) durch die Ärztin. Ihre Praxis bewirbt sie mit dem Begriff „Wirbelsäulenzentrum“. Die Bezirksärztekammer wies die Ärztin im Folgenden darauf hin, dass die Bezeichnung als Zentrum die Beteiligung von mindestens zwei Ärzten voraussetze und verbot ihr im Anschluss die Bewerbung ihrer Praxis als „Wirbelsäulenzentrum“.
Sowohl Bezirksberufsgericht als auch das LBGÄ gaben der Ärztin jedoch recht. Die Gerichte begründeten die Entscheidung damit, dass sich der Begriff eines Zentrums im Sprachgebrauch durch die Jahre gewandelt habe. Es komme daher nicht nur auf die Größe der Praxis an, sondern darauf, ob eine Spezialisierung vorliege, die eine eigene medizinische Fachrichtung oder Facharztbezeichnung, einen Ort der Konzentration oder von besonderer Bedeutung darstelle. Die Gerichte verwiesen auf eine Vielzahl von Einzelpraxen in verschiedenen Bundesländern, die sich bereits als Zentren bezeichneten. Die Praxis der Ärztin stelle eine zentrale Einrichtung zur Behandlung von Wirbelsäulen dar und hat insoweit eine besondere Bedeutung für die Versorgung. Auch die Außendarstellung der Einrichtung vermittelt nicht den Eindruck, dass in dem Zentrum mehrere Ärzte tätig seien.
Hinweis: Entscheidend für die Frage, ob eine Einzelpraxis sich als Zentrum beschreiben darf, sind die von ihr angebotenen, gebündelten Kompetenzen sowie die regionale Bedeutung für die Versorgung der Patienten. Maßgeblich ist jedoch immer die Betrachtung des Einzelfalls - grundsätzlich bleibt die Verwendung des Begriffs „Zentrum“ Ausnahmefällen vorbehalten.