„Betagtes“ Vermächtnis

Verzinsung führt beim Vermächtnisnehmer zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
13 Mai 2016

Erblasser können bei der Zuwendung eines Vermächtnisses testamentarisch bestimmen, dass der Vermächtnisanspruch erst zu einem späteren Termin nach dem Erbfall fällig wird. Dieses sogenannte „betagte“ Vermächtnis kann mit einer testamentarisch angeordneten Verzinsung verknüpft werden, um dem Vermächtnisnehmer einen Zinsnachteil zu ersparen, was nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) allerdings zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften führt.

Im Entscheidungsfall hatte sich ein Elternpaar in einem sogenannten Berliner Testament gegenseitig zu Alleinerben und ihren Sohn als Erben des längstlebenden Elternteils eingesetzt. Nach den testamentarischen Anordnungen sollte ihr Sohn beim Tod des erstversterbenden Elternteils als Vermächtnis zudem einen Geldbetrag in Höhe des erbschaftsteuerlichen Freibetrags erhalten, der erst fünf Jahre nach dem Tod des Erstversterbenden fällig werden sollte. Zugleich war im Testament geregelt, dass sich dieser Geldbetrag bis zur Auszahlung mit 5 % pro Jahr verzinst.

Der BFH urteilte, dass Vermächtnisnehmer infolge einer solchen testamentarisch angeordneten Verzinsung regelmäßig Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen versteuern müssen. Im vorliegenden Fall kam jedoch keine Versteuerung von Kapitaleinkünften in Betracht, weil der Sohn später auf seine Ansprüche aus dem Vermächtnis samt Verzinsung verzichtet hatte, so dass es nicht zum Zufluss von Zinseinnahmen gekommen war.

Hinweis: Um den Einkommensteuerzugriff auf Zinsen abzuwenden, liegt der Gedanke nahe, im Testament keine Verzinsung festzulegen, sondern nur eine Gesamtsumme aus Geldbetrag und Zinsen zu nennen. Der BFH weist allerdings darauf hin, dass sich durch diese Gestaltung nicht der Steuerzugriff auf die Zinsen vermeiden lässt, da eine unverzinsliche (Vermächtnis-)Forderung in einen Zins- und einen Ertragsanteil aufgeteilt werden muss, wenn die Fälligkeit erst mehr als ein Jahr nach der Anspruchsentstehung eintritt. Hat der Erblasser die Zinsen im Testament also nicht explizit benannt, darf das Finanzamt den Zinsanteil später aus dem Gesamtbetrag herausrechnen und als Kapitaleinkünfte besteuern.

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