Eigenheimzulage

Erschleichen der Leistung durch unrichtige Angaben ist keine Steuerhinterziehung

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
08 Mai 2016

Wie weit darf der Arm des Finanzamts zurückreichen, um eine erschlichene Eigenheimzulage zurückzufordern? Mit dieser Frage hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt - und ist zu einem überraschenden Ergebnis gekommen.

Im Urteilsfall hatte eine Frau in 2002 einen Kaufvertrag über ein Einfamilienhaus geschlossen. Gefahr, Nutzen und Lasten sollten erst mit vollständiger Kaufpreiszahlung übergehen - diese Zahlung wurde allerdings niemals geleistet. Die Frau zog trotzdem in das Haus ein (gegen eine monatliche Zahlung von 750 € an den Verkäufer) und beantragte in 2004 gleichwohl Eigenheimzulage für das Haus. Das Finanzamt forderte von der Frau daraufhin unter anderem die Vorlage des Kaufvertrags, einen Nachweis zur Eigennutzung und einen Nachweis über die Kaufpreiszahlung. Obwohl die Frau nur die beiden erstgenannten Unterlagen einreichte, bewilligte das Finanzamt die Eigenheimzulage schließlich für 2003 bis 2010, ohne erneut nach einem Zahlungsnachweis zu fragen. Jahre später bemerkte das Amt den Fehler und forderte die Eigenheimzulage daraufhin in 2012 für alle Jahre zurück.

Der BFH entschied jedoch, dass die Rückforderung unrechtmäßig war, weil die Festsetzungsfrist bei Aufhebung des Bewilligungsbescheids in 2012 bereits abgelaufen war. Zwar verlängert sich die Frist in Fällen der Steuerhinterziehung nach der Abgabenordnung von vier auf zehn Jahre, was eine Rückforderung in 2012 verfahrensrechtlich noch ermöglicht hätte. Das Erschleichen der Eigenheimzulage ist nach Gerichtsmeinung allerdings keine Steuerhinterziehung im Gesetzessinne, so dass die Festsetzungsfrist lediglich vier Jahre beträgt. Aufgrund des Fristbeginns mit Ablauf des Jahres 2004 (Antragsjahr) war die Frist im Urteilsfall somit bereits am 31.12.2008 abgelaufen, so dass in 2012 kein Aufhebungsbescheid mehr ergehen durfte.

Hinweis: Wer sich die Eigenheimzulage in der Vergangenheit durch unrichtige Angaben erschlichen hat, kann also nur im Rahmen der vierjährigen Festsetzungsfrist belangt werden. Dieses Ergebnis mag so manchem subjektiven Rechtsempfinden zuwiderlaufen, ist aber Folge der derzeitigen Gesetzeslage. Der BFH weist in seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, dass es Aufgabe des Gesetzgebers wäre, diesen Zustand im Bereich des strafbaren Erschleichens von Subventionen zu ändern.

Das könnte Sie interessieren

24Dez.2018

Eigenheimzulage: Immobilien im EU-Ausland sind nicht begünstigt

Das im Jahr 2018 eingeführte Baukindergeld ist nicht das erste staatliche Maßnahmenpaket des Gesetzgebers, um den Immobilienerwerb zu fördern. Bereits bis zum Jahr 2005 ...

Mehr erfahren
13Jan.2018

Verfahrensrecht: Rechtzeitiger Einspruch beim unzuständigen Finanzamt

Sie haben vom Finanzamt einen Bescheid erhalten, in dem ein Fehler zu Ihren Ungunsten enthalten ist? Dann sollten Sie Einspruch bei dem Finanzamt einlegen, von dem der Bescheid ...

Mehr erfahren
11Mai2019

Nordrhein-Westfalen: OFD gibt Prüffelder der Finanzämter bekannt

Es gehört in der Regel zu den gut gehüteten Geheimnissen, welche Bereiche der Steuererklärung die Finanzämter besonders intensiv prüfen. Nicht so in Nordrhein-Westfalen ...

Mehr erfahren
27Aug.2018

Schätzungsbescheid: Dokumentationsanforderung bei Schätzung durch das Finanzamt

In der Regel erlässt das Finanzamt Bescheide, wenn eine Steuererklärung eingereicht wurde. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen der Steuerpflichtige seine Erklärung ...

Mehr erfahren
28März2020

Verbot der Überpfändung: Sind andere Gegenstände nicht vorhanden, darf gepfändet werden

Wenn man Schulden beim Finanzamt hat und diese nicht bezahlt, wird das Finanzamt irgendwann dazu übergehen, Wertgegenstände zu pfänden, um die Schulden zu begleichen. Das ...

Mehr erfahren
07Apr.2020

Steuererklärung: Beginn der Festsetzungsfrist bei Abgabe bei falschem Finanzamt

Eine Steuererklärung zu erstellen, gehört nicht gerade zu den Lieblingstätigkeiten der meisten Menschen. Da kann es dann auch mal passieren, dass die Steuererklärung aus ...

Mehr erfahren