Auf die Einkommensteuer, die sich final zum Jahresende ergibt, müssen manche Steuerpflichtige schon während des Jahres Vorauszahlungen an das Finanzamt leisten. Diese Einkommensteuervorauszahlungen werden in einem Bescheid festgesetzt und sind zu festen Terminen fällig. Bei zusammenveranlagten Ehegatten erlässt das Finanzamt in der Regel einen gemeinsamen Vorauszahlungsbescheid. Zahlt nur einer der Ehegatten, so geht das Amt davon aus, dass er das für beide zusammen tut.
Ein Mann wurde ab 2007 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. 2008 wurde über das Vermögen der Frau das Insolvenzverfahren eröffnet und 2011 wieder aufgehoben. Ab 2009 zog das Finanzamt vom Konto des Ehemannes Einkommensteuervorauszahlungen ein. Aus der Steuererklärung 2010 ergab sich aufgrund der Vorauszahlungen eine Erstattung, die hälftig auf die Eheleute aufgeteilt wurde. Der auf die Ehefrau entfallende Anteil wurde vollständig mit offenen Rückständen verrechnet. Der Ehemann begehrte jedoch auch den Anteil der Frau, da er alle Vorauszahlungen geleistet habe, und klagte gegen das Vorgehen des Finanzamts.
Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) gab dem Finanzamt recht. Denn bei einem Ehepaar geht man in der Regel davon aus, dass der eine Ehegatte die Schulden des anderen bezahlt. Diese widerlegbare Vermutung gilt, solange die Partner nicht dauernd getrennt leben und die Ehe besteht. Das Finanzamt ging daher richtigerweise davon aus, dass die Einkommensteuervorauszahlungen jeweils zur Hälfte auf die Ehegatten entfielen, da es unerheblich war, wer tatsächlich gezahlt hatte. Der Mann hatte dem Finanzamt auch nie mitgeteilt, nur seine eigene Steuerschuld tilgen zu wollen. Für die Zurechnung waren nur die Umstände im Zeitpunkt der Zahlung relevant, nicht aber nachträgliche Veränderungen wie eine Insolvenz oder deren Ende. Hätte der Ehemann nur seine eigenen Schulden zahlen wollen, hätte er dies dem Finanzamt deutlich machen müssen. Somit hatte er keinen Anspruch auf den Erstattungsbetrag seiner Frau.
Hinweis: Wenn gegenüber einem Ehegatten ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, sollte geprüft werden, ob die hälftige Aufteilung einer Steuererstattung einen Nachteil für den anderen Ehegatten darstellt. Gegebenenfalls sollte das Finanzamt dann darüber informiert werden, dass die Zahlungen nur für die Schuld eines Ehegatten erfolgen.