Einsatzwechseltätigkeit

Wann sich die Fahrtkosten nur halb absetzen lassen

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
19 Dez. 2016

Als aufmerksamer Leser unserer Mandanten-Informationen wissen Sie sicher, dass Sie bei einer Auswärtstätigkeit seit 2014 nicht mehr immer die kompletten Fahrtkosten als Werbungskosten ansetzen können, sondern teils nur noch die Entfernungspauschale. Der Grund ist der Wegfall der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ und die gesetzliche Einführung der „ersten Tätigkeitsstätte“. Wenn der Betrieb typischerweise arbeitstäglich aufgesucht und von dort aus die Arbeit - beispielsweise eine Auswärtstätigkeit - aufgenommen wird, ist ein Ansatz der Fahrtkosten in der Regel nur noch in Höhe der Entfernungspauschale zulässig. Denn der Gesetzgeber nimmt in diesem Fall einen Sammelpunkt im Betrieb an, der steuerlich wie eine erste Tätigkeitsstätte behandelt wird.

Doch wie ist das eigentlich, wenn der Betrieb nicht arbeitstäglich, sondern nur an zwei-drei Tagen oder sogar nur an einem Tag pro Woche aufgesucht wird? Kann das Finanzamt auch dann einen Sammelpunkt und damit eine erste Tätigkeitsstätte annehmen?

Zumindest das Finanzgericht Nürnberg (FG) verneint diese Frage. Geklagt hatte ein Vorarbeiter mit Einsatzwechseltätigkeit - also einer typischen Auswärtstätigkeit. Das Finanzamt hatte seine Aufwendungen für die Fahrten von seiner Wohnung zur Arbeit für die Tage reduziert, an denen er seinen Stammsitz aufgesucht hatte (montags), und für diese nur die Entfernungspauschale als Werbungskosten zum Abzug zugelassen. Zwar meinte auch das Finanzamt, dass der Betrieb mangels arbeitsrechtlicher Zuordnung keine erste Tätigkeitsstätte darstellte, aber einen Sammelpunkt nahm es dennoch an.

Das FG stellte klar: Für die Annahme eines Sammelpunkts reicht es nicht aus, dass der Betrieb nur an einem von fünf Arbeitstagen pro Woche aufgesucht wird. Denn die gesetzliche Vorgabe lautet „typischerweise arbeitstäglich“. Die Klage des Vorarbeiters hatte also Erfolg, er durfte seine Fahrtkosten komplett von der Einkommensteuer absetzen.

Hinweis: Wie die Beurteilung bei zwei-, drei- oder viermaligem Aufsuchen des Betriebs pro Woche ausgefallen wäre, ließ das Gericht leider unbeantwortet. Außerdem hat das Urteil aufgezeigt, dass auch ohne arbeitsvertragliche Zuordnung eine erste Tätigkeitsstätte existieren kann. Falls Sie im Hinblick auf die steuerliche Einordnung Ihres Arbeitswegs unsicher sind, fragen Sie uns gern.

Das könnte Sie interessieren

30Juni2015

Auswärtstätigkeit: Doppelte Fahrtkosten bei Probearbeitsverhältnis, nicht aber bei Probezeit

Kennen Sie die steuerlichen Vorteile einer Auswärtstätigkeit gegenüber der Arbeit an der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ (die durch die Reisekostenreform seit 2014 ...

Mehr erfahren
04Okt.2016

Entfernungspauschale: Betriebliche Bildungseinrichtung ist regelmäßige Arbeitsstätte

Schon mehr als zwei Jahre ist es her, dass das Reisekostenrecht geändert worden ist - und noch immer werden Urteile zu den alten Regelungen gefällt. In zweierlei Hinsicht ...

Mehr erfahren
09Nov.2016

Lkw-Fahrer: Arbeitstägliche Fahrt zum Stammsitz nur mit der Entfernungspauschale abziehbar

Jetzt ist es amtlich: Seit der Reform des steuerlichen Reisekostenrechts zum 01.01.2014 ist das erste Finanzgerichtsurteil über die Fahrtkosten von auswärts tätigen Lkw-Fahrern ...

Mehr erfahren
28Dez.2016

Beamtenanwärter: Ausbildungskosten sind als Werbungskosten abziehbar

Wer eine Ausbildung oder ein duales Studium bei einem Finanzamt aufnimmt, wird in ein Dienstverhältnis berufen und kann seine Ausbildungskosten als Werbungskosten bei seinen ...

Mehr erfahren
05Okt.2015

Reisekosten versus Pendlerpauschale: Wo liegt die erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers?

Ob und wo ein Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte unterhält, ist aus steuerlicher Sicht von zentraler Bedeutung, denn für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte lässt ...

Mehr erfahren
13Apr.2019

Auswärtstätigkeit: Für öffentliche Verkehrsmittel darf keine Pauschale angesetzt werden

Steuerliche Pauschalen sind eigentlich eine gute Sache: Diejenigen, die tatsächlich niedrigere Aufwendungen getragen haben, können dennoch die höheren Pauschalen ansetzen. ...

Mehr erfahren