Einseitige Nachweise ungenügend

Bei fehlenden Operationsrechnungen trägt Anästhesistin die Beweislast

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
20 Aug. 2019

Das Sozialgericht München (SG) musste im folgenden Fall entscheiden, ob eine Anästhesistin Leistungen berechnen kann, zu denen kein anderer Vertragsarzt eine Leistung entsprechend einer Gebührenordnungsposition erbracht und berechnet hat.

 

Die Anästhesistin war vertragsärztlich zugelassen und arbeitete mit verschiedenen Operateuren unterschiedlicher Fachgebiete zusammen. Auf Antrag der beigeladenen Krankenkasse nahm die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit den Ausgangsbescheiden in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 28.06.2017 bzw. 27.09.2017 sachlich-rechnerische Richtigstellungen für vier Quartale vor. Zur Begründung berief sich die KV auf eine Regelung in § 106d Abs. 1 SGB V und eine Präambel zum Abschnitt 31.5.3 S. 1 des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM). Für die Berechnung von Anästhesien sei vorauszusetzen, dass ein anderer Vertragsarzt in diesem Zusammenhang eine Leistung entsprechend einer Gebührenordnungsposition des Abschnitts 31.2 erbracht und berechnet habe.

 

Die beigeladene Krankenkasse habe jedoch in einigen Fällen festgestellt, dass der entsprechende Operateur überhaupt keine bzw. keine im Abschnitt 31.2 des EBM aufgeführten Leistungen abgerechnet habe. Aus den eingereichten Unterlagen (Überweisungsscheine, Narkoseprotokolle) der Anästhesistin könne ebenfalls nicht auf solche Leistungen geschlossen werden.

 

Damit scheiterte die Klage vor dem SG. Denn die entsprechende Regelung in der Präambel zum Abschnitt 31.5.3 S. 1 EBM besagt, dass für die Berechnung von Anästhesien vorauszusetzen ist, dass ein anderer Vertragsarzt eine Leistung entsprechend einer Gebührenordnungsposition des Abschnitts 31.2 erbracht und berechnet hat. Und diese Regelung sei auch nach Ansicht des SG rechtlich nicht zu beanstanden, so dass es sich hier um eine anspruchsbegründende Voraussetzung handle, für die die Anästhesistin nachweispflichtig sei.

 

Hinweis: Auch im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung gilt, dass derjenige, der sich auf für ihn günstige Tatsachen beruft, die Beweislast trägt: im Urteilsfall die Anästhesistin, die die Vergütung der von ihr erbrachten Leistungen begehrte. Für die Auslegung einer Gebührenordnungsposition ist nach ständiger Rechtsprechung vor allem der Wortlaut des EBM maßgeblich. Hierzu zählt nicht nur die Leistungslegende der einzelnen Gebührenordnungspositionen, sondern auch die der Leistungslegende vorangestellte Präambel.

 

SG München, Urt. v. 22.11.2018 – S 38 KA 333/17

Das könnte Sie interessieren

04Juli2017

Vorschussrechnung: Kostenpositionen bei Vorschussforderungen müssen ausreichend konkretisiert werden

Grundlage für die angemessene Honorarberechnung von Ärzten außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung ist die amtliche Gebührenordnung (GOÄ). Umstritten ist, inwieweit ...

Mehr erfahren
30Juni2020

Gewerbsmäßiger Betrug: Zulassungsentziehung und strafrechtliche Verurteilung nach wiederholt massiver Pflichtverletzung

Das Sozialgericht München (SG) hatte im Folgenden darüber zu befinden, ob einem Allgemeinarzt nach wiederholtem Abrechnungsbetrug die Zulassung entzogen werden durfte oder ...

Mehr erfahren
20Feb.2018

Honorarkürzung: Beschäftigung eines Arztes ohne Genehmigung: Berechnung des Berichtigungsbetrages

Beschäftigt ein niedergelassener Vertragsarzt einen Arzt ohne Genehmigung, darf die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) nach einem Urteil des Landessozialgerichtes ...

Mehr erfahren
06März2018

Fachgebietsgrenzen: Auch Ärzte in einer BAG dürfen nur Kollegen Ihres Fachgebiets vertreten

In einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) werden zwar die vertragsärztlichen Leistungen der Berufsausübungsgemeinschaft als solcher zugeordnet. Die in ihr tätigen Ärzte ...

Mehr erfahren
07Juli2019

Verlustvortrag: Altersentlastungsbetrag erhöht mitgenommenen Verlust im Folgejahr

Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum Sie Ihre Einkommensteuererklärung jährlich abgeben müssen? In Fachkreisen würde als Antwort auf diese Frage der Begriff ...

Mehr erfahren
09Feb.2021

Atemstillstand im Aufwachraum: Neben der verantwortlichen Anästhesistin haftet auch der HNO-Arzt selbst

Die Frage über die Verantwortlichkeit eines operierenden Hals-Nasen-Ohren-Arztes (HNO), in dessen Praxis ein Kind nach einer Nasenoperation im Aufwachraum verstarb, konnte ...

Mehr erfahren