Personen, die einen Erblasser bis zu seinem Tod unentgeltlich oder gegen ein unzureichendes Entgelt gepflegt haben, können bei der Berechnung der Erbschaftsteuer einen Pflege-Freibetrag bis zu 20.000 € geltend machen, sofern der geerbte Betrag als angemessenes Entgelt für die Pflege anzusehen ist.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass der Freibetrag auch von Personen beansprucht werden kann, die mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt und daher diesem gegenüber gesetzlich unterhaltsverpflichtet waren (z.B. Kinder).
Im vorliegenden Fall hatte eine Tochter ihre pflegebedürftige Mutter zehn Jahre vor ihrem Tod auf eigene Kosten gepflegt - das Pflegegeld betrug höchstens 700 € pro Monat. Nachdem die Mutter der Tochter unter anderem ein Bankguthaben von 785.543 € vererbt hatte (als Miterbin), berechnete das Finanzamt die Erbschaftsteuer ohne den Ansatz eines Pflege-Freibetrags. Das Amt verwies darauf, dass die Tochter der Mutter gegenüber gesetzlich zur Pflege und zum Unterhalt verpflichtet war und deshalb eine Freibetragsgewährung ausgeschlossen sei.
Der BFH sah dies anders und urteilte, dass eine gesetzliche Unterhaltspflicht der Freibetragsgewährung nicht entgegenstehen darf. Sinn und Zweck des Freibetrags ist es, ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person zu honorieren. Dieser gesetzlichen Zielrichtung entspricht es, den Freibetrag auch gesetzlich unterhaltsverpflichteten Personen wie Kindern zu gewähren. Würde man diesen Personenkreis ausschließen, liefe die Freibetragsregelung nahezu ins Leere, weil die Pflege innerhalb der Familie noch immer weit verbreitet ist.
Hinweis: Der Entscheidung kommt große Praxisrelevanz sowohl für Erbfälle als auch für Schenkungen zu. Der BFH verwies darauf, dass die Finanzämter den Freibetrag auch ohne gesonderten Nachweis gewähren müssen, wenn die Pflegeleistungen - wie im Urteilsfall - langjährig und umfassend erbracht worden sind.