Erben Sie das Familienheim, in dem Sie wohnen, kann dieses komplett von der Erbschaftsteuer befreit sein. Hierzu müssen Sie es mindestens zehn Jahre lang weiternutzen, da die Steuerbefreiung ansonsten rückwirkend entfällt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann dann greifen, wenn es Ihnen aus objektiv zwingenden Gründen nicht mehr möglich ist, in dem Haus wohnen zu bleiben.
Das Finanzgericht Hessen (FG) musste in einem Fall entscheiden, in dem eine Alleinerbin nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahr 2012 das Familienheim innerhalb der Zehnjahresfrist veräußerte. Der Tod ihres Mannes belastete sie psychisch so stark, dass ihr die Ärzte davon abrieten, allein im Haus wohnen zu bleiben. Sie zog daher im November 2013 aus und veräußerte das Haus im Jahr 2014. Das Finanzamt verwehrte ihr die Erbschaftsteuerbefreiung, da seiner Ansicht nach keine objektiv zwingenden Gründe für den Verkauf vorlagen. Dem widersprach die Erbin.
Das FG stimmte jedoch dem Finanzamt zu: Die Steuerbefreiung kann in einem solchen Fall nur dann gewährt werden, wenn zwingende objektive Gründe eine Haushaltsführung im Familienheim unmöglich machen. Hierbei geht es vor allem um die Frage, ob grundsätzlich eine selbständige Haushaltsführung möglich ist. Diese Voraussetzung lag bei der Klägerin nicht vor. Denn einerseits war es aufgrund ihrer psychischen Probleme nicht grundsätzlich ausgeschlossen, einen eigenen Haushalt zu führen. Und andererseits wohnte sie nach dem Tod ihres Mannes trotz zwischenzeitlicher stationärer Aufenthalte noch fast ein Jahr lang im Familienheim, da sie keine adäquate Alternative fand. Daher sah das FG keine „zwingenden“ Gründe für die Aufgabe des Familienheims und verwehrte der Erbin die Steuerbefreiung.
Hinweis: Zwingende objektive Gründe liegen dann vor, wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, Ihren Haushalt selbst zu führen. Dies kann beispielsweise aufgrund einer Pflegebedürftigkeit oder eines Aufenthalts in einem Sanatorium der Fall sein.