Europäischer Gerichtshof

Begriff der festen Niederlassung

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
26 Juli 2020

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat aktuell zu der Frage entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen die EU-Tochtergesellschaft einer ausländischen Muttergesellschaft eine feste Niederlassung für diese sein kann.

In der Rechtssache ging es um eine südkoreanische Gesellschaft, die mit einer polnischen Gesellschaft einen Vertrag über die Erbringung von Montagedienstleistungen (Montage von Leiterplatten) abgeschlossen hatte. Die Materialien und Komponenten erhielt die polnische Gesellschaft von einer polnischen Tochtergesellschaft der südkoreanischen Gesellschaft. Die polnische Tochtergesellschaft verwendete die fertigen Leiterplatten für die Herstellung bestimmter Module. Diese Module, die im Eigentum der südkoreanischen Gesellschaft standen, wurden an eine weitere Gesellschaft geliefert. Die koreanische Gesellschaft versicherte, dass sie in Polen keine feste Niederlassung unterhalte und dort auch keine Arbeitnehmer beschäftige. Die polnische Gesellschaft stellte daher der koreanischen Gesellschaft die Montage der Leiterplatten ohne Mehrwertsteuerausweis in Rechnung.

Die polnische Finanzverwaltung setzte jedoch bei der polnischen Gesellschaft Mehrwertsteuer für die erbrachten Montageleistungen fest. Fraglich war, ob die Dienstleistungen gegenüber der koreanischen Gesellschaft in Korea erbracht wurden. In diesem Fall würde keine polnische Mehrwertsteuer anfallen. Wurde jedoch aufgrund der Einbindung des polnischen Tochterunternehmens eine feste Niederlassung der koreanischen Gesellschaft in Polen begründet, wäre polnische Mehrwertsteuer fällig.

Der EuGH stellt klar, dass allein die gesellschaftsrechtliche Verbindung einer EU-Tochtergesellschaft keine feste Niederlassung einer ausländischen Muttergesellschaft begründen kann. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass eine Tochtergesellschaft im Einzelfall eine feste Niederlassung ihrer Muttergesellschaft darstellt. Er verweist dazu auf sein Urteil aus dem Jahr 1997. Danach liegt eine feste Niederlassung vor, wenn eine tatsächliche Abhängigkeit zum Unternehmen besteht, ein Mindestbestand an personellen und sachlichen Mitteln vorhanden ist und sich der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit hinreichend verfestigt hat.

Hinweis: Das Urteil hat Bedeutung für die deutsche Rechtslage. Laut Umsatzsteuer-Anwendungserlass kann eine feste Niederlassung auch eine Organgesellschaft sein. Im Hinblick auf die Voraussetzungen der finanziellen und organisatorischen Eingliederung könnte die EuGH-Rechtsprechung noch zu eng sein. Es darf mit Spannung erwartet werden, ob und inwieweit die Finanzverwaltung den Umsatzsteuer-Anwendungserlass an das aktuelle EuGH-Urteil anpassen wird.

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