Eine ganz neue Möglichkeit zur ärztlichen Behandlung bietet ein privater Krankenversicherer seinen Kunden: einen digitalen Arztbesuch mittels einer App. Hierbei konsultiert der Patient per Video einen in der Schweiz ansässigen Arzt. Dieses Angebot bewarb der private Krankenversicherer auf seiner Website und auf Plakaten. Dagegen klagte ein Verein zur Bekämpfung von unlauterem Wettbewerb, da er darin einen Verstoß gegen das Verbot von Werbung für Fernbehandlungen sah. Nachdem das Landgericht München der Klage stattgegeben und das Oberlandesgericht München die Berufung zurückgewiesen hatte, musste nun der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden.
Denn während des Berufungsverfahrens ist im Dezember 2019 das Heilmittelwerbegesetz (HWG) um eine Ausnahme ergänzt worden, wonach kein Werbeverbot für Fernbehandlungen gelte, wenn für die Behandlung nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich sei. Diese Änderung soll der Digitalisierung im Gesundheitswesen Rechnung tragen.
Im hier zu beurteilenden Fall entschieden die Bundesrichter jedoch, dass die beanstandete Werbung gegen das HWG sowohl in seiner alten als auch in seiner neuen Fassung verstößt. Die Werbung des Beklagten sei nicht nur explizit für die Diagnose und Behandlung von Krankheiten erfolgt, die keinen persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patienten erfordern, sondern unterbreitete dem Patienten das Angebot einer umfassenden Primärversorgung (Diagnose, Therapieempfehlung, Krankschreibung). Der BGH betonte in seiner Entscheidung allerdings auch, dass Apps durchaus grundsätzliche Kommunikationsmedien sein können.
Hinweis: Der BGH legt also das Werbeverbot für Fernbehandlungen weiterhin sehr restriktiv aus. Es bleibt abzuwarten, ob hier ein politscher Wille besteht, die Möglichkeiten der Fernbehandlungen und deren entsprechende Werbung weiter zu liberalisieren.