Gröbliche Pflichtverletzung

Voyeuristischer Zahnarzt verliert Zulassung

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
21 Jan. 2020

Im folgenden Fall musste sich das Bundessozialgericht (BSG) in letzter Instanz mit der Frage auseinandersetzen, ob einem (Zahn-)Arzt die Zulassung entzogen werden kann, wenn dieser außerhalb seiner vertrags(zahn-)ärztlichen Tätigkeit einer gröblichen Verfehlung überführt wird.

 

Weil ein seit 1986 tätiger Zahnarzt mittels einer im Umkleideraum der Praxis installierten Kamera die Praxismitarbeiterinnen über Jahre ohne deren Wissen während des Umkleidens beobachtet und hiervon Videoaufzeichnungen hergestellt hatte, kam es 2012 nach polizeilichen Ermittlungen schließlich zur Anklage. Auf Antrag der Kassenzahnärztlichen Vereinigung entzog der Zulassungsausschuss dem Zahnarzt daraufhin die Zulassung. Dagegen klagte der Zahnarzt mit dem Argument, das Beobachten der Praxismitarbeiterinnen beim Umkleiden sei als Verfehlung außerhalb des eigentlichen Kernbereiches der vertragsärztlichen Tätigkeit (Behandlung der Versicherten, korrekte Abrechnung) zu bewerten. Letztinstanzlich scheiterte er damit jedoch vor dem BSG.

 

Mit einem Zahnarzt, der sich über Jahre so verhalten habe, müssten die Träger der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht länger zusammenarbeiten. Ob auch die Voraussetzungen des Entziehungstatbestandes der fehlenden Eignung vorliegen, konnte das BSG hier offenlassen, da es für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Berufungsausschusses hierauf nicht ankomme. Aufgrund arbeitsgerichtlicher Vergleiche (Schmerzensgeldzahlungen) zogen die betroffenen Mitarbeiterinnen ihre Strafanträge zwar zurück, was zur Einstellung der Strafverfahren führte. Diese Verfahrenseinstellungen waren für das BSG jedoch unbeachtlich.

 

Hinweis: Eine Zulassungsentziehung ist also auch bei Verfehlungen außerhalb des Kernbereichs der vertrags(zahn-)ärztlichen Tätigkeit möglich. So darf einem Zahnarzt wegen heimlicher Nacktaufnahmen von Mitarbeiterinnen die Zulassung wegen gröblicher Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten entzogen werden. In der über Jahre fortgesetzten massiven Verletzung der Privat- und Intimsphäre der Mitarbeiterinnen liegt eine gröbliche Pflichtverletzung im Sinne des § 95 Abs. 6 S. 1 Alt 3 SGB V, die eine Zulassungsentziehung begründet.

 

BSG, Urt. v. 03.04.2019 – B 6 KA 4/18 R

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