Das deutsche Recht sieht vor, dass pro Kind nur einer berechtigten Person Kindergeld gezahlt wird. Sind mehrere Personen bezugsberechtigt, fließt die Leistung an denjenigen, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Diese haushaltsbezogene Umleitung des Kindergeldanspruchs hat der Bundesfinanzhof (BFH) in zwei neuen Urteilen mit EU-Auslandsbezug vorgenommen:
Im ersten Fall lebte ein griechischer Vater in Deutschland, seine beiden Töchter waren im Haushalt der Großmutter in Griechenland untergebracht. Der BFH schloss einen Kindergeldanspruch des Vaters aus und verortete ihn wegen der Haushaltszugehörigkeit der Kinder vorrangig bei der Großmutter. Zwar verfügte diese nicht über einen Inlandswohnsitz, wie ihn das deutsche Recht für einen Kindergeldanspruch voraussetzt. Nach Ansicht des Gerichts musste ihr Wohnsitz nach den europarechtlichen Regelungen aber fiktiv in das Inland übertragen werden.
Inhaltsgleich entschied der BFH im Fall eines in Deutschland lebenden Vaters, dessen Sohn im Haushalt seiner Mutter (Exfrau) in Polen wohnte. Auch in diesem Fall sprach das Gericht dem Vater kein Kindergeld zu, weil es davon ausging, dass der Anspruch wegen der Haushaltszugehörigkeit an die Exfrau „abgewandert“ war. Der BFH berief sich auf die unionsrechtliche Vereinheitlichung der nationalen Regelungen zur sozialen Sicherheit, die bei Ansprüchen auf Familienleistungen in grenzüberschreitenden Sachverhalten die gesamte Familie so behandelt, als würde sie in dem Mitgliedsstaat wohnen, dessen Familienleistungen beansprucht werden (hier: Deutschland). Auch die Exfrau wurde kindergeldrechtlich so behandelt, als würde sie mit dem Kind in Deutschland leben.
Hinweis: Die neue Rechtsprechung ist für Fälle relevant, in denen Eltern eines Kindes in unterschiedlichen EU-Staaten leben und in keinem der Staaten ein gemeinsamer Haushalt von Eltern und Kindern besteht.