Reicht es als Aufklärung, wenn ein Arzt seine Patienten vor einer Hüftgelenksarthroskopie darauf hinweist, dass durch den Einsatz eines Traktionsstabes mögliche Druckschäden im Schritt entstehen könnten, oder ist das zu verharmlosend? Das musste das Oberlandesgericht Dresden (OLG) entscheiden.
Zum Fall: Die Patientin (Klägerin) unterzog sich am 03.07.2015 einer Hüftgelenksarthroskopie. Hierbei kam es an der Scheide der Klägerin unstreitig zu Druckschäden, verursacht durch einen bei dieser Operationsart anzuwendenden Gegenzugstab, der während der OP auf die Schamgegend drückte. Daraufhin begehrte sie die Zahlung von Schmerzensgeld und die Feststellung der Einstandspflicht der beklagten Klinik für sämtliche materiellen und unvorhersehbaren künftigen immateriellen Schäden aufgrund einer Fehlbehandlung.
Das Landgericht Leipzig hatte unter Einbezug eines orthopädisch-chirurgischen sowie eines gynäkologischen Gutachtens und nach Anhörung aller Beteiligten die Klage abgewiesen. Auch das OLG hat letztinstanzlich die Berufung abgewiesen. Die Klägerin konnte letztlich einen Behandlungsfehler des Klinikpersonals während der streitgegenständlichen Operation nicht beweisen. Fest stehe lediglich, dass die postoperativ bei ihr eingetretene Schamlippenschwellung und die Drucknekrosen Folgen der Operation seien. Und weil beim Einsatz eines Traktionsstabs Druckschäden nicht sicher vermieden werden könnten, stellten derartige Schäden kein vollbeherrschbares Risiko dar - folglich liege hier auch kein Behandlungsfehler vor. Der aufklärende Arzt habe nach den eigenen Angaben der Klägerin dieses Risiko - wenn auch als seltenes Risiko in der Schamgegend - ausdrücklich angesprochen und zutreffend als „unüblich“ beschrieben. Damit sei die Beklagtenseite nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin ihrer Aufklärungspflicht im „Großen und Ganzen“ nachgekommen.
Hinweis: Weist ein Arzt seine Patientin vor einer Hüftgelenksarthroskopie darauf hin, dass durch den Einsatz eines Traktionsstabes in seltenen Fällen mögliche Druckschäden im Schritt entstehen können, die „meist nicht zu Dauerschäden“ führen, stellt dies eine ausreichende Aufklärung über dieses Risiko dar und ist nicht verharmlosend.
OLG Dresden, Urt. v. 01.06.2021 – 4 U 209/21