Innergemeinschaftliche Lieferungen neuer Fahrzeuge an Privatpersonen

Finanzamt an Prüfungsentscheidungen gebunden

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
13 Nov. 2019

In der Vergangenheit hat sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits mehrfach zu steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen geäußert. Eine Entscheidung aus dem Jahr 2017 zeigt einen wichtigen verfahrensrechtlichen Aspekt. Sofern die Finanzbehörde die betroffenen Umsätze und Unterlagen geprüft und nicht beanstandet hat, darf sie die Steuerbefreiung nicht nachträglich versagen (Grundsatz der Rechtssicherheit).

In einem portugiesischen Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Steuerbefreiung für die innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge. Ein portugiesischer Automobilhändler verkaufte ein hochpreisiges Neufahrzeug an einen angolanischen Abnehmer nach Spanien. Der Abnehmer legte dem Händler im Vorfeld der Lieferung seine spanische Ausländer-Identifikationsnummer samt behördlich erteiltem Dokument und Kopie seines angolanischen Reisepasses vor. Daraufhin stellte der Händler die Lieferung steuerfrei. Nach erfolgter Lieferung und technischer Überprüfung in Spanien reichte der Abnehmer eine Bescheinigung darüber sowie der Zulassung in Spanien nach. Die portugiesischen Behörden prüften die Unterlagen und akzeptierten zunächst die Steuerfreiheit der Lieferung.

Da sich aus den Adressangaben des Abnehmers Abweichungen ergaben und die Zulassung in Spanien nur zeitlich begrenzt war, versagten die portugiesischen Behörden später die Steuerbefreiung.

Der EuGH entschied, dass es für die Steuerbefreiung unschädlich war, dass der Abnehmer seinen Wohnsitz nicht im Bestimmungsland hatte. Unschädlich sei es ebenfalls, wenn der Abnehmer das Fahrzeug im Bestimmungsmitgliedstaat nur vorübergehend zugelassen habe. Die Zulassung sei keine Voraussetzung für die Steuerbefreiung. Sofern im Bestimmungsland eine Steuerhinterziehung begangen worden sei und die Behörde deshalb die Steuerbefreiung versagen wolle, müsse anhand objektiver Umstände bewiesen werden, dass der Verkäufer gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass der Umsatz mit einem Steuerbetrug des Erwerbers verknüpft gewesen sei. Für den Fall, dass der Verkäufer die Unterlagen für die Steuerbefreiung vorgelegt hat und die zuständige Behörde diese Unterlagen geprüft und akzeptiert hat, gilt der Grundsatz der Rechtssicherheit.

Hinweis: Der Grundsatz der Rechtssicherheit verwehrt, dass ein Mitgliedstaat einen Verkäufer später wegen eines vom Erwerber begangenen Steuerbetrugs, von dem der Verkäufer weder Kenntnis hatte noch haben konnte, zur Zahlung der auf diese Lieferung entfallenden Mehrwertsteuer verpflichten kann.

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