Insolvenz der GmbH

Zu welchem Zeitpunkt entsteht der Auflösungsverlust?

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
04 Juni 2015

Die Veräußerung eines wesentlichen Kapitalgesellschaftsanteils (von mindestens 1 %) sowie die Auflösung einer Kapitalgesellschaft führen beim Anteilseigner zu einem Veräußerungsgewinn bzw. -verlust - und zwar in Höhe des Veräußerungspreises bzw. des ausgekehrten Vermögens abzüglich der Veräußerungs- und der Anschaffungskosten der Beteiligung. Dabei gilt zu beachten, dass auch die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft zu gewinnmindernden nachträglichen Anschaffungskosten führen kann.

Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt, dass der Gesellschafter einer insolventen GmbH noch keinen Veräußerungsverlust geltend machen kann, solange die Höhe seiner Bürgschaftsinanspruchnahme nicht eindeutig feststeht. Im Urteilsfall hatte ein Gesellschafter eine Höchstbetragsbürgschaft von 450.000 € für Verbindlichkeiten seiner GmbH übernommen. Nachdem 2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet worden war, führte der Gesellschafter einen mehrmonatigen Schriftwechsel mit seiner Bank, um über die Höhe der tatsächlichen Bürgschaftsinanspruchnahme zu verhandeln. Im Mai 2011 teilte ihm die Bank schließlich mit, dass sie ihn gegen Zahlung von nur 60.000 € aus der Bürgschaft entlässt (das Geld floss im selben Jahr). Fraglich war, ob der Gesellschafter bereits in seiner Einkommensteuererklärung 2010 einen Auflösungsverlust abrechnen konnte, obwohl die Höhe der Bürgschaftsinanspruchnahme 2010 noch in der Schwebe war.

Der BFH verneinte dies und entschied, dass ein Auflösungsverlust nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung erst entsteht, wenn die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten feststeht. Dies war 2010 nicht der Fall, da noch bis in das Jahr 2011 hinein schriftliche und telefonische Verhandlungen mit der Bank geführt worden waren. 2010 war nicht absehbar, dass der Anteilseigner nur in Höhe von 60.000 € in Anspruch genommen wird.

Hinweis: Der Anteilseigner wird seinen Auflösungsverlust also erst im Veranlagungszeitraum 2011 abrechnen können. Aus welchen Gründen er unbedingt einen Ansatz in 2010 gerichtlich durchsetzen wollte, geht aus dem Urteil nicht hervor.

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