Kein Anspruch auf Löschung

Ärztebewertungsportal erfüllt als neutraler Informationsmittler gesellschaftlich erwünschte Funktion

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
20 Dez. 2021

Inwieweit Ärzte unter welchen Umständen mit einer fremdinitiierten Profilerstellung auf Ärztebewertungsportalen leben müssen, musste der Bundesgerichtshof (BGH) nach zwei vorinstanzlichen Bewertungen im Folgenden final entscheiden.

 

Das Ärztebewertungsportal Jameda erstellt auf Basis öffentlich zugänglicher Quellen ein Profil für alle Ärzte. Die Nutzer dieses Portals können diese Ärzte benoten und bewerten. Das Portal erstellt aus den abgegebenen Einzelbewertungen für die unterschiedlichen Kategorien eine Durchschnittsnote und bildet daraus in der Summe wiederum eine Gesamtnote für den jeweiligen Arzt. Für die Ärzte besteht zudem die Möglichkeit, ein kostenpflichtiges Paket erwerben, um ihr Profil ansprechender zu gestalten - bspw. durch Hinzufügen eines Fotos, Verlinkung auf die eigene Praxishomepage oder die Veröffentlichung von Fachartikeln.

 

Gegen die Veröffentlichung ihrer Daten klagten zwei Zahnmediziner. Sie forderten die Löschung ihrer Profile und die Zusicherung, ihre Daten auch in Zukunft nicht mehr zu veröffentlichen, solange Jameda zahlende Ärzte bevorzuge.

 

Erstinstanzlich gab das Landgericht Bonn (LG) beiden Klagen statt. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) jedoch änderte die im Revisionsverfahren noch relevanten Unterlassungsanträge unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten überwiegend ab. Zur Begründung führte das Gericht unter anderem aus, dass das Portal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfülle. Erforderlich sei hierfür jedoch, dass Jameda seine Stellung als neutraler Informationsmittler wahre und seinen eigenen Kunden keine mit Gewinnerzielungsabsicht verdeckten Vorteile verschaffe. Jameda reagierte hierauf, indem es Anzeigen von konkurrierenden Ärzten auf Basiskundenprofilen und Links zu weiteren Ärzten in der Umgebung löschte sowie Verweise auf Fachartikel der Gold- oder Platinkunden entfernte. Dadurch erfüllt Jameda seine Funktion als neutraler Informationsmittler, und es ist für jeden Nutzer nun ersichtlich, dass Ärzte, die auf ihrem Profil Bilder und Links zu ihrer Praxishomepage hochgeladen haben, hierfür ein Entgelt leisten.

 

Der BGH folgte mit seinem abschließenden Urteil in der Sache nun der Rechtsprechung des OLG und unterstrich dabei erneut die gesellschaftlich erwünschte Funktion Jamedas als neutraler Informationsmittler.

 

Hinweis: Ärzte müssen es also grundsätzlich hinnehmen, dass sie auf der Bewertungsplattform zu finden sind; hierfür spricht insbesondere das öffentliche Interesse an der freien Arztwahl, die durch vollständige Arztlisten erleichtert wird.

 

BGH, Urt. v. 12.10.2021 – VI ZR 488/19; www.bundesgerichtshof.de BGH, Urt. v. 12.10.2021 – VI ZR 489/19; www.bundesgerichtshof.de

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