Kindergeld

Wann ist ein behindertes Kind hilflos?

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
04 Dez. 2017

Wissen Sie, wie lange man für sein Kind Kindergeld erhalten kann? Die richtige Antwort lautet: lebenslang. Die Regel ist das selbstverständlich nicht. Nur wenn schwerwiegende Ausnahmetatbestände vorliegen, zahlt die Familienkasse auch noch nach dem 25. Lebensjahr des Kindes Kindergeld. Ein solcher schwerwiegender Ausnahmefall liegt zum Beispiel vor, wenn das eigene Kind ein behindertes Kind ist, das sich aufgrund der Behinderung nicht selbst versorgen kann, also hilflos ist. Zumindest gilt das, sofern die Behinderung noch vor seinem 25. Lebensjahr eingetreten ist.

Das ist die Theorie. In der Praxis stellt sich die Frage, wie man diese Behinderung und die Hilflosigkeit dem Finanzamt bzw. der Familienkasse nachweist, damit das Kindergeld auch gezahlt wird. Der Bundesfinanzhof vertritt hierzu die Auffassung, dass grundsätzlich ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkmal „H“ (für hilflos) als Nachweis ausreicht.

Das Finanzgericht Hessen (FG) hat dazu kürzlich in einem Fall, bei dem dieses Merkmal nicht eingetragen war, entschieden, dass es auch bei Vorlage geeigneter anderer Nachweise eine Hilflosigkeit anerkennen würde. Bei den Klägern im Urteilsfall reichte der vorgelegte Nachweis jedoch nicht aus. Hier hatte lediglich die Krankenkasse die29-jährige Tochter in die Familienversicherung aufgenommen, da diese nach Auffassung der Krankenkasse im Sinne des Sozialrechts außerstande war, sich selbst zu unterhalten. Das FG sah das zwar genauso, allerdings bezweifelte es, dass die Ursache der Hilflosigkeit der Tochter in der Behinderung lag. Denn immerhin hatte die Tochter einmal eine Ausbildung begonnen, dann aber abgebrochen. Die Ursache für die Hilflosigkeit könnte also auch die abgebrochene Ausbildung sein. Im Nachhinein konnten extra angefertigte Gutachten diesbezüglich auch keine Erkenntnisse mehr bringen. Die Entscheidung der Krankenkasse jedenfalls entfaltete keine Bindungswirkung gegenüber dem Finanzamt.

Hinweis: Auch wenn in diesem Streitfall kein Anspruch auf Kindergeld bestand, könnte dennoch ein steuerlicher Vorteil genutzt werden. Denn schließlich entstehen hier außergewöhnliche Belastungen. Wenn Sie sich in dem Sachverhalt wiedererkennen und Fragen hierzu haben, beraten wir Sie gerne ganz konkret.

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