Nach dem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums können volljährige Kinder nur noch dann einen Kindergeldanspruch auslösen, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehen (sogenannte Erwerbstätigkeitsprüfung).
Hinweis: Übt das Kind - beispielsweise während eines Zweitstudiums - einen Nebenjob mit mehr als 20 Wochenstunden aus, erkennen die Familienkassen bzw. Finanzämter den Eltern daher das Kindergeld und die Kinderfreibeträge ab.
Um dieser Erwerbstätigkeitsprüfung zu entgehen und sich einen Kindergeldanspruch noch für Zeiten der Folgeausbildung mit Nebenjob zu sichern, argumentieren Eltern volljähriger Kinder daher häufig, dass sämtliche Ausbildungsgänge zu einer einheitlichen erstmaligen Berufsausbildung gehörten, so dass noch gar nicht in die Prüfung der Erwerbstätigkeit eingestiegen werden dürfe. Auch in einem aktuellen Fall des Bundesfinanzhofs (BFH) stand die Frage der Erstausbildung und was genau zu dieser zählt im Fokus.
Eine volljährige Tochter ging nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau einem Angestelltenverhältnis nach. Bereits während ihrer Ausbildung hatte sie zudem mit einem Studium zum Bachelor of Arts (Business Administration) begonnen, das sie während ihrer Erwerbstätigkeit parallel fortführte. Die Familienkasse war der Ansicht, dass die Erstausbildung bereits mit dem Abschluss als Industriekauffrau beendet gewesen sei, so dass ab diesem Zeitpunkt aufgrund der Erwerbstätigkeit kein Anspruch mehr auf Kindergeld bestehe. Der Vater argumentierte hingegen, dass die Erstausbildung auch das Bachelorstudium umfasse und der Umfang der Erwerbstätigkeit für den Kindergeldanspruch daher noch gar keine Rolle spielen dürfe.
Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) sprach sich in erster Instanz für die Fortzahlung des Kindergeldes während des Bachelorstudiums aus, der BFH hob das Urteil nun jedoch auf und verwies die Sache zurück an das FG. Die Bundesrichter verwiesen darauf, dass die - vom Vater behauptete - einheitliche Erstausbildung nicht anzunehmen ist, wenn die Erwerbstätigkeit des Kindes bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen lediglich als eine „Nebensache“ erweisen, die auf eine Weiterbildung bzw. einen Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtet ist. Setzt die Aufnahme eines Studiums eine parallel dazu ausgeübte Berufstätigkeit voraus (die auch in einem Berufsausbildungsverhältnis oder in einem Teilzeitarbeitsverhältnis bestehen kann), kann aus dieser Zulassungsvoraussetzung jedoch nicht ohne weiteres abgeleitet werden, dass das Studium eine Zweitausbildung darstellt.
Hinweis: Zentral für die Entscheidung über den Kindergeldanspruch ist also, ob in der Zeit nach der Ausbildung zur Industriekauffrau die Berufstätigkeit oder das Studium im Vordergrund stand. Ausschlaggebend wird hier insbesondere der genaue zeitliche Umfang der Beschäftigung einerseits und des Studiums andererseits sein.