Kosten der Erstausbildung

BFH erleichtert Feststellung von Verlustvorträgen

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
16 Juli 2015

Ob Kosten für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium steuerlich abgezogen werden dürfen, wird momentan vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geprüft. Bis zur Klärung dieser Frage ergehen sämtliche Einkommensteuerbescheide in diesem Punkt vorläufig, so dass sie im Fall einer späteren begünstigenden Rechtsprechung zugunsten des Bürgers geändert werden können.

Auch wenn die verfassungsrechtliche Klärung dieser Frage momentan noch aussteht, hat der Bundesfinanzhof (BFH) zumindest einige verfahrensrechtliche Hürden aus dem Weg geräumt, die der Geltendmachung entsprechender Ausbildungsverluste entgegenstehen können.

Erwirkt hat den Richterspruch eine Auszubildende aus Nordrhein-Westfalen, die den Aufwand für ihre Erstausbildung steuerlich geltend gemacht hatte, indem sie in 2012 erstmalig Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2007 abgab. Da eine direkte Verrechnung der Kosten in diesen Jahren mangels vorhandenen Einkünften nicht möglich war, beantragte sie die Feststellung entsprechender Verlustvorträge.

Hinweis: Die gesonderte Feststellung entsprechender Verlustvorträge ist Voraussetzung, um die Verluste in späteren Jahren steuerlich nutzen zu können.

Das Finanzamt lehnte die Verlustfeststellung ab und berief sich darauf, dass für die Einkommensteuerveranlagung die (vierjährige) Festsetzungsfrist abgelaufen war und deshalb keine Einkommensteuerbescheide für die Altjahre 2005 bis 2007 mehr ergehen durften. Da diese eine Bindungswirkung für das Verlustfeststellungsverfahren entfalten, dürften auch keine Verlustfeststellungsbescheide mehr ergehen.

Der BFH entschied, dass zwar für den Bereich der Einkommensteuerfestsetzung tatsächlich eine Verjährung eingetreten war, diese aber nicht auf die Verlustfeststellungen ausstrahlte. Denn die vom Finanzamt angenommene Bindungswirkung besteht nach Gerichtsmeinung nicht, wenn - wie im Urteilsfall - gar keine Einkommensteuerveranlagungen durchgeführt worden sind. Die Verlustfeststellung durfte also nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen abgelehnt werden.

Hinweis: Praktische Relevanz entfaltet die Rechtsprechung insbesondere bei der nachträglichen Geltendmachung von Kosten des Erststudiums bzw. der Erstausbildung. Durch die Entscheidung werden die Rechte von Studenten und Auszubildenden gestärkt, die ihre Ausbildungskosten nachträglich beim Finanzamt abrechnen und Einkommensteuerveranlagungen aufgrund einer eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht mehr erwirken können. Die Finanzverwaltung darf Einsprüche zum Abzug von Ausbildungskosten also nicht mit Verweis auf die Bindungswirkung der Einkommensteuerfestsetzungen verwerfen, wenn letztere gar nicht erfolgt sind. Stattdessen müssen die Ämter die Einsprüche weiter ruhend stellen bzw. ihnen durch die Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks abhelfen. Einspruchsführer erhalten sich damit die Möglichkeit offen, später von einer günstigen BVerfG-Entscheidung zu profitieren.

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