Nach dem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums können volljährige Kinder nur dann einen Kindergeldanspruch begründen, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehen (sog. Erwerbstätigkeitsprüfung).
Hinweis: Übt das Kind - beispielsweise während eines Zweitstudiums - einen Nebenjob mit mehr als 20 Wochenstunden aus, erkennen die Familienkassen bzw. Finanzämter das Kindergeld und die Kinderfreibeträge ab.
Um dieser Erwerbstätigkeitsprüfung zu entgehen und sich einen Kindergeldanspruch noch für Zeiten der Folgeausbildung zu sichern, argumentieren Eltern volljähriger Kinder oft, dass sämtliche Ausbildungsgänge noch zu einer einheitlichen erstmaligen Berufsausbildung gehörten, so dass noch gar nicht in die Prüfung der Erwerbstätigkeit eingestiegen werden dürfe.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun dargelegt, dass eine solch günstige Verklammerung mehrerer Ausbildungsgänge ausscheide, wenn ein Kind nach der ersten abgeschlossenen Berufsausbildung einer Erwerbstätigkeit nachgehe, die im Vergleich zur parallel betriebenen Folgeausbildung als Hauptsache anzusehen sei. Im Urteilsfall hatte ein volljähriger Sohn eine Ausbildung zum Bankkaufmann abgeschlossen und anschließend mit einer Wochenarbeitszeit von 31,5 Stunden als Firmenkundenberater gearbeitet. Parallel dazu nahm er ein berufsbegleitendes Bachelorstudium im Finanzbereich auf. Die Familienkasse verwehrte das Kindergeld ab Beginn der Erwerbstätigkeit und verwies auf das Ende der Erstausbildung und die Überschreitung der 20-Stunden-Grenze.
Das Finanzgericht Niedersachsen gab dem Vater des Sohnes zunächst recht und urteilte, dass Banklehre und Bachelorstudium eine einheitliche Erstausbildung bildeten, so dass der Umfang der Erwerbstätigkeit noch keine Rolle spiele. Der BFH hat dieses Urteil jedoch aufgehoben und eine erneute Prüfung des Sachverhalts gefordert. Es müsse anhand folgender Kriterien überprüft werden, ob im zweiten Ausbildungsabschnitt die Berufstätigkeit oder die Ausbildung im Vordergrund gestanden habe:
(Un-)Befristetes Arbeitsverhältnis: Bindet sich das Kind längerfristig an einen Arbeitgeber (z.B. durch einen unbefristeten Vertrag), spricht dies dafür, dass das Arbeitsverhältnis im Vordergrund steht, so dass der Kindergeldanspruch entfällt.
Zeitanteile: Maßgeblich ist auch, welchen zeitlichen Umfang die Berufstätigkeit und die Folgeausbildung einnehmen.
Verwertung des Berufsabschlusses: Nutzt das Kind in seiner Erwerbstätigkeit bereits seine Qualifikation aus dem ersten Ausbildungsgang, kann dies ein Indiz für eine schwerpunktmäßige Berufstätigkeit sein (kein Kindergeld). Anders ist der Fall gelagert, wenn das Kind nach seinem Abschluss lediglich einem Aushilfsjob nachgeht.
Flexible Arbeitszeitverteilung: Wird die Arbeitszeit vom Arbeitgeber so verteilt, dass sie sich dem jeweiligen Ausbildungsplan flexibel anpasst, spricht dies dafür, dass die Ausbildung im Vordergrund steht.