Minderjährigen Geflüchteten dürfen medizinische Leistungen nur in Ausnahmefällen und nur mit besonderer Begründung verweigert werden. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) entschieden. Es gab damit dem Eilantrag eines inzwischen 17-jährigen Jugendlichen aus Georgien statt.
2022 kam der Jugendliche mit seinen Eltern nach Deutschland. Seit seiner Geburt leidet er an einer chronisch-progressiv verlaufenden Erkrankung und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Asylanträge der Familie wurden abgelehnt, die hiergegen gerichtete Klage ist noch anhängig. Ärzte und Gesundheitsamt sprachen sich für eine zeitnahe chirurgische Operation aus. Dadurch könne der Jugendliche schmerzarm oder sogar schmerzfrei werden und unter Umständen künftig ohne Hilfsmittel laufen. Die voraussichtlichen Operationskosten betragen ca. 17.600 €.
Das Sozialamt des zuständigen Landkreises lehnte die Kostenübernahme ab. Schließlich seien der Jugendliche und seine Eltern ausreisepflichtig. Aufgrund seines absehbar nur vorübergehenden Aufenthalts in Deutschland bestehe keine Veranlassung, die Operation hierzulande vorzunehmen.
Das Sozialgericht Braunschweig hatte den Landkreis im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten für die geplante Operation zu übernehmen. Das LSG hat diese Entscheidung nun bestätigt. Zur Begründung verwies es auf die UN-Kinderrechtskonvention und auf das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Die Behörde müsse zudem die voraussichtliche und bisherige Aufenthaltsdauer des Jugendlichen in Deutschland einbeziehen. Durch die Operation bestehe in diesem konkreten Fall die Aussicht, dass der Antragsteller künftig nicht mehr auf einen Rollstuhl angewiesen sei und gegebenenfalls sogar ohne Hilfsmittel laufen könne. Es sei nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere auch wegen der prognostisch längeren Aufenthaltsdauer des Klägers in Deutschland nicht gerechtfertigt, dem minderjährigen Antragsteller die medizinisch dringend indizierte Maßnahme vorzuenthalten.