Nach unterbliebener Zielvereinbarung

Haben Chefärzte nach entgangenen Bonuszahlungen Anspruch auf Schadensersatz?

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
20 Juli 2021

Der hier behandelte Fall eines Dienststellenleiters am Flughafen ist ohne Weiteres auch auf den Chefarzt einer Klinik übertragbar. Denn wer einem Arbeitnehmer vertraglich einen Bonus nach Ablauf einer Zielperiode zusichert, ohne dessen Höhe in einer Vereinbarung festzuhalten, kommt um das folgende Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht herum.

 

Ein Dienststellenleiter am Flughafen verlangte nach seinem Ausscheiden aus dem Flughafenbetrieb zunächst erfolglos Schadensersatz für einen entgangenen variablen Bonus, dessen Rahmenbedingungen jedoch nicht in einer Zielvereinbarung geregelt worden waren. Das BAG sprach dem Mitarbeiter einen Schadensersatzanspruch zu, und zwar in Höhe von 90 % des 25%igen Bonus. Die restlichen zehn Prozent müsse sich der Arbeitnehmer dabei als Mitverschulden dafür anrechnen lassen, nicht auf eine Zielvereinbarung gedrängt zu haben.

 

Ein schuldhafter Verstoß des Arbeitgebers gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, mit dem Arbeitnehmer für eine Zielperiode Ziele zu vereinbaren, an deren Erreichen eine Bonuszahlung geknüpft ist, löst laut BAG jedenfalls nach Ablauf der Zielperiode grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus.

 

Haben ein Chefarzt und eine Klinik also vertraglich einen Bonus vereinbart, dessen Höhe von einer noch zu schließenden Zielvereinbarung abhängt, die dann nicht zustande kommt, ist die Klinik als Arbeitgeber nach Ablauf der Zielperiode verpflichtet, dem Chefarzt wegen der entgangenen Bonuszahlung Schadensersatz zu leisten. Da gerade ältere Chefarzt-Dienstverträge derartige Bonusvereinbarungen aufweisen, können Chefärzten unter Umständen noch im Nachhinein erhebliche Schadensersatzansprüche zustehen.

 

Das BAG hat 2007 bei einer nicht getroffenen Zielvereinbarung einen Schadensersatzanspruch wegen der entgangenen erfolgsabhängigen Vergütung nicht ausgeschlossen (10 AZR 97/07). Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat diese Rechtsprechung 2019 auch auf Chefärzte angewendet (3 Sa 398/17).

 

Hinweis: Die Rechtsprechung des BAG zu einem leitenden Mitarbeiter eines Flughafens lässt sich damit auch auf Chefärzte übertragen.

 

BAG, Urt. v. 17.12.2020 – 8 AZR 149/20a

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