Neupraxenregelung

Eine vorherige Tätigkeit als angestellter Arzt ist nicht anrechenbar

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
24 Juni 2020

Wachstumstendenzen sich neu niederlassender Vertragsärzte werden grundsätzlich gefördert. Was es hierbei jedoch zu beachten gilt, veranschaulicht folgendes Urteil des Sozialgerichts Berlin (SG).

 

Die Trägergesellschaft einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) zweier Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) - des MVZ P. und des MVZ am Krankenhaus H. - beantragte die Anwendbarkeit der Neupraxenregelung bei der Berechnung des Regelleistungsvolumens (RLV) für die Quartale II–IV/2012.

 

Im MVZ am Krankenhaus H. waren zunächst der Facharzt für Chirurgie (Dr. G.) und die Fachärztin für Neurochirurgie (Frau A.) tätig. Frau A. war seit 01.08.2008 in einem anderen MVZ und seit 01.10.2010 im MVZ am Krankenhaus H. angestellt. Dr. G. war seit 01.10.1999 als Vertragsarzt zugelassen und seit 01.10.2010 ebenfalls als angestellter Arzt im MVZ am Krankenhaus H. mit einem vollen Versorgungsauftrag tätig. Zum 01.07.2012 übernahm die Fachärztin für Chirurgie Dr. N. als angestellte Ärztin 0,75 % des Versorgungsauftrages des Herrn Dr. G.

 

Die Anträge lehnte der Ausschuss mit der Begründung ab, dass das MVZ P. bereits zum 01.04.2006 zugelassen worden sei und daher die Neupraxenregelung im Quartal I/2009 geendet habe. Auch für das MVZ am Krankenhaus H. sei diese nicht zu gewähren. Der Eintritt eines weiteren Arztes in eine bereits bestehende BAG stelle keine Neuaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit dar. Seit der Gründung der üBAG sei damit auch das MVZ am Krankenhaus H. keine Neupraxis mehr. Dagegen klagte das MVZ - teilweise erfolgreich.

 

Laut SG hat die üBAG durchaus einen Anspruch auf Erhöhung der Fallzahlen im Rahmen der Neupraxenregelung für die am MVZ am Krankenhaus H. angestellte Ärztin (Frau A.) für die Quartale II–IV/2012. Darüber hinaus bestehe jedoch kein Anspruch auf Erhöhung der Fallzahlen für das gesamte MVZ am Krankenhaus H. Demnach sei für Dr. G. der Neupraxenstatus nicht mehr gegeben, denn dieser sei bereits seit 01.10.1999 mit einer eigenen Zulassung im Planungsbereich Berlin als Vertragsarzt tätig, während Frau A. nur als angestellte Ärztin im Planungsbereich tätig gewesen sei. Hinsichtlich des RLV sei ihr die Fallzahlerhöhung im Zuge der Neupraxenregelung zu gewähren.

 

Hinweis: Die Einbringung einer Zulassung in ein MVZ, die Neueinstellung oder der Austausch eines angestellten Arztes begründen keine Neupraxenregelung. Dieser Neupraxenstatus entfällt zudem, wenn ein Arzt bereits vor seiner Tätigkeit in einer BAG oder einem MVZ vertragsärztlich tätig war. Das SG entschied, dass eine solche Tätigkeit in diesem Sinne nicht mit der eines angestellten Arztes gleichzusetzen ist.

 

SG Berlin, Urt. v. 30.10.2019 – S 87 KA 1066/16

Das könnte Sie interessieren

28Sept.2022

Ermächtigter Arzt: Honorarrückforderung wegen Verstoßes gegen persönliche Leistungspflicht

Zu einer vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Krankenhausärzte verstoßen gegen ihre Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung, wenn sie weitere Mediziner zur ...

Mehr erfahren
06Aug.2019

Selbständig oder sozialversicherungpflichtig?: In Krankenhausstruktur fest eingebundene Honorarärzte sind angestellten gleichzusetzen

Wann Honorarärzte in einem Krankenhaus als Selbständige anzusehen sind oder doch als Angestellte gelten und damit der Sozialversicherungspflicht unterliegen, hat kürzlich ...

Mehr erfahren
28Sept.2022

Persönliche Leistungserbringung: Vertragsärzte sollten Weiterbildungsassistenten stets vorab genehmigen lassen

Nicht immer ist Vertragsärzten bewusst, welche Konsequenzen es haben kann, wenn vertragsärztliche Leistungen unberechtigt an Dritte delegiert werden. Ein an der vertragsärztlichen ...

Mehr erfahren
22Jan.2019

Vertragsarzt: Keine Befreiung vom Bereitschaftsdienst

Ein Vertragsarzt, der belegärztlich tätig ist oder eine Privatklinik betreibt, kann nicht allein aus diesen Tatsachen heraus eine Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ...

Mehr erfahren
03Mai2017

Versorgungsauftrag: Vertragsarzt hat nur Anspruch auf eine volle Zulassung

Ein Vertragsarzt mit Vollzulassung hat keinen Anspruch für eine weitere Tätigkeit zugelassen zu wer-den. Das Sozialgericht Düsseldorf entschied rechtskräftig, dass einem ...

Mehr erfahren
03Jan.2017

Nachbesetzung von Arztstellen in MVZ: Neue Rechtslage durch BSG-Urteile: Nachbesetzung bei Verzicht auf Vertragsarztzulassung erst nach 3 Jahren Tätigkeit

Die Nachbesetzung der Stelle in einem MVZ kann nur dann und nur insoweit erfolgen, wie der Vertragsarzt tatsächlich als angestellter Arzt im MVZ tätig geworden ist. Das ...

Mehr erfahren