Notsituation

Übernahme von Behandlungskosten bei Bewusstlosigkeit

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
30 Jan. 2024

Das Landgericht Lübeck (LG) hat mit einem wegweisenden Urteil über die Verpflichtung zur Übernahme von Behandlungskosten bewusstloser Patienten entschieden. Im Urteilsfall wurde ein Mann mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Er war bewusstlos und hatte keine Krankenversicherung. Nach einer lebensrettenden Notoperation forderte das Krankenhaus eine Zahlung von 10.000 € für die erbrachten medizinischen Leistungen. Der Mann - nun wieder bei Bewusstsein - weigerte sich jedoch, die Kosten zu übernehmen. Er argumentierte, dass er als Bewusstloser keinen Vertrag mit dem Krankenhaus habe schließen können.

Das LG entschied dennoch zugunsten des Krankenhauses. Obwohl der Mann als Bewusstloser keinen expliziten Vertrag mit dem Krankenhaus geschlossen habe, könne das Krankenhaus die Kosten für den Zeitraum seiner Bewusstlosigkeit aus der sogenannten Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Auch ohne Vertrag sei der Mann zur Zahlung verpflichtet, da die Ärzte mit seiner Rettung in seinem Interesse gehandelt hätten, sein Leben zu retten. Nachdem der Mann wieder bei Bewusstsein war, habe er sich zudem weiterhin freiwillig behandeln lassen. Dies deute implizit auf einen Behandlungsvertrag mit dem Krankenhaus hin, so die Richter. Der Mann habe die Behandlungskosten daher zu übernehmen.

Mit dem Urteil bezieht das Gericht Stellung zu wichtigen Fragen der rechtlichen Verantwortung in Notsituationen bewusstloser Patienten ohne vorherige Vereinbarung oder Krankenversicherung. Die Richter betonten die Pflicht des Individuums, auch ohne expliziten Vertrag für erhaltene medizinische Leistungen aufzukommen, wenn diese im eigenen Interesse erfolgen. Zudem seien die ärztlichen Maßnahmen nicht nur im Interesse des bewusstlosen Patienten, sondern auch im öffentlichen Interesse an der Rettung von Menschenleben. Das Krankenhaus habe daher im Rahmen seiner ethischen und moralischen Verpflichtungen gehandelt.

Hinweis: Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige Entwicklungen in der Rechtsprechung zu einer ausgewogenen Lösung führen, die sowohl die medizinische Notwendigkeit als auch die individuelle finanzielle Belastung angemessen berücksichtigt.

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