Offene Immobilienfonds

Bewertung der Anteile bei Aussetzung der Rücknahme

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
09 Juli 2016

Das Erben von Vermögen ist in mancher Hinsicht einfach, in anderer Hinsicht schwierig und oft auch strittig. In jeder Hinsicht wichtig ist die Regel, dass das geerbte Vermögen immer an einem Stichtag - nämlich dem Todestag des Erblassers - bewertet wird. Geld zu bewerten gehört dabei zu den einfacheren Dingen. Anteile an Immobilienfonds sind schon schwieriger. Und Streit löste vor kurzem die Bewertung eines offenen Immobilienfonds aus, der vom Rückkauf ausgesetzt war.

Anteile an einem offenen Immobilienfonds können üblicherweise täglich zu einem festgesetzten Wert an den Emittenten veräußert werden. Der Rückkaufswert ist auch ausschlaggebend für die Bewertung des Vermögens bei der Erbschaftsteuer. Eine andere Regelung gibt es nicht - nicht einmal für Fälle, in denen sich der Immobilienfonds in Auflösung befindet und der Emittent daher keine Anteile zurückkaufen darf. Dabei ist dann nur noch ein Verkauf über die Börse möglich - für gewöhnlich zu wesentlich niedrigeren Preisen.

Genau diese Erfahrung machte eine Erbin aus Hessen und klagte gegen die zu hohe, nicht realisierbare Bewertung zum Rückkaufswert. Und auch das Finanzgericht Hessen (FG) sah ein, dass der Gesetzgeber so etwas nicht gewollt haben kann. Denn einerseits soll eine Bewertung nahe am gemeinen Wert - also dem Verkehrswert - liegen. Andererseits sind die Vorschriften bei Immobilienfonds ohne Ausnahme rigoros auf den Rückkaufswert des Emittenten festgelegt. Kann man aber nur einen (niedrigeren) Börsenwert realisieren, entspricht dieser eher dem Verkehrswert.

Daher gab das FG der Erbin Recht: Nicht der Rückkaufswert, sondern der Börsenkurs ist ausnahmsweise für eine Bewertung zu berücksichtigen, wenn ein Rückkauf des Emittenten aus tatsächlichen Gründen nicht stattfinden kann. Dieser Faktor ist als preisbeeinflussend und daher wertmindernd zu berücksichtigen.

Hinweis: In einem ähnlichen Fall ist schon einmal anders entschieden worden. Demnächst hat der Bundesfinanzhof die Möglichkeit, ein Machtwort zu diesem Streitpunkt zu sprechen. Wir informieren Sie.

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