Eine Pflegekraft aus Nordrhein-Westfalen hat vor dem Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich für ein wichtiges Urteil zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Pflegeleistungen gesorgt. Die Frau war für einen eingetragenen Verein als Pflegehelferin tätig gewesen; sie hatte zwar keine Ausbildung als Kranken- oder Altenpflegerin, hatte mit dem Verein jedoch Qualitätsvereinbarungen abgeschlossen und war so zu einem aktiven Vereinsmitglied geworden. Der Verein wiederum schloss Verträge mit pflegebedürftigen Personen und Pflegekassen. Letzteren gegenüber erbrachte er umsatzsteuerfreie Pflegeleistungen. Das Finanzamt ging nach einer Umsatzsteuersonderprüfung davon aus, dass die Tätigkeit der Frau für ihren Verein umsatzsteuerpflichtig war, dementsprechend forderte das Amt Umsatzsteuer nach.
Der BFH wandte den Steuerzugriff jedoch endgültig ab und beurteilte die erbrachten Pflegeleistungen der Frau als steuerfrei. Zwar waren die Leistungen nach nationalem Recht umsatzsteuerpflichtig, eine Steuerfreiheit konnte das Gericht allerdings direkt aus dem übergeordneten Unionsrecht ableiten, das die Befreiungstatbestände für Pflegeleistungen weiter fasst als das deutsche Umsatzsteuergesetz. Nach Ansicht des Gerichts ergab sich die Steuerfreiheit aus einer Regelung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, nach der eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen steuerbefreit sind. Erfasst werden von dieser Norm auch Lieferungen und Leistungen von Einrichtungen, die vom jeweiligen Mitgliedsstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt sind. Die Frau verfügte über diese Anerkennung, weil sie die Möglichkeit hatte, mit Pflegekassen Verträge zur häuslichen Pflege abzuschließen.
Hinweis: Bei seiner Entscheidung berücksichtigte der BFH den bestehenden Pflegenotstand in Deutschland und das daraus resultierende hohe Gemeinwohlinteresse an der Umsatzsteuerfreiheit von Pflegeleistungen.
Fundstelle/n:
BFH, Urt. v. 18.08.2015 – V R 13/14; www.bundesfinanzhof.de