Präsenz der Behandlungsleitung

Wann dürfen intensivmedizinische Komplexbehandlungen abgerechnet werden?

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
19 Jan. 2021

Wann dürfen intensivmedizinische Komplexbehandlungen abgerechnet werden?

 

Ob eine intensivmedizinische Komplexbehandlung nur dann abgerechnet werden kann, wenn die intensivmedizinische Behandlung durch einen Facharzt geleitet wird, der eine Zusatzweiterbildung „Intensivmedizin“ besitzt, musste im Folgenden das Sozialgericht Dresden (SG) entscheiden.

 

Im Urteilsfall arbeiteten zwei Ärzte mit der entsprechenden Zusatzweiterbildung abwechselnd in Schichten im Krankenhaus. Das Schichtsystem stellte allerdings nicht sicher, dass an den freien Tagen der Ärzte - also insbesondere an den Wochenenden und in Urlaubsfällen - eine tägliche Anwesenheit eines Facharztes mit der Zusatzweiterbildung Intensivmedizin gewährleistet war. Die Krankenkasse verwehrte dem Krankenhaus deshalb die Abrechenbarkeit von Leistungen über 12.000 €, wogegen das Krankenhaus wiederum klagte.

 

Strittig war letztlich allein die Frage, ob die Strukturvoraussetzungen für die Abrechnung des OPS 8-980.20 erfüllt waren. Dies verneinte das SG, denn es fordert für eine solche Abrechenbarkeit die zumindest stundenweise Anwesenheit des Facharztes mit der Zusatzweiterbildung Intensivmedizin. Die Behandlungsleitung auf einer Intensivstation sei von den medizinischen Bedürfnissen der Patienten geprägt und weniger planbar als zum Beispiel eine multimodale Schmerzbehandlung. Bei der intensivmedizinischen Komplexbehandlung erfordere die Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der entsprechenden Zusatzweiterbildung letztendlich aufgrund der medizinischen Gegebenheiten auch dessen - zumindest stundenweise - Anwesenheit am Wochenende.

 

In der Intensivmedizin sind elementare Funktionen von Atmung, Kreislauf, Homöostase und Stoffwechsel des Patienten lebensgefährlich bedroht oder gestört. Es kann somit zu Situationen kommen, in denen der Arzt notfallmäßig reagieren muss. Wegen der schwerwiegenden Erkrankungen der Intensivpatienten könnten behandlungsleitende Entscheidungen auch nicht in jedem Fall zwei Tage warten. Deswegen müssten die für die Behandlungsleitung qualifizierten Ärztinnen und Ärzte täglich verfügbar sein. Die Behandlungsleitung kann also nicht über ganze Tage pausieren wie im vorliegenden Fall.

 

Hinweis: Die Krankenhausleitungen müssen sicherstellen, dass auch an Wochenenden und in Urlaubszeiten ein leitender Facharzt mit der Zusatzweiterbildung Intensivmedizin zumindest stundenweise auf der Station anwesend ist. Eine telefonische Erreichbarkeit oder die Möglichkeit, den Facharzt von zu Hause hinzuzurufen, ist nicht ausreichend.

 

SG Dresden, Urt. v. 04.11.2020 – S 18 KR 530/18

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