Praxisnachfolge und Praxissubstrat

Weiterbetrieb am bisherigen Praxissitz entscheidend

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
10 Apr. 2019

Das Sozialgericht Marburg (SG) musste klären, welchen Argumenten zweier Bewerber für eine Praxisnachfolge der Vorzug zu geben ist. In dem betreffenden Fall konkurrierte ein Facharzt mit einer erfahreneren Kollegin, die die Praxis jedoch nicht übernehmen wollte.

Eine Ärztin der Inneren Medizin, die seit 2006 auch den Schwerpunkt „Kardiologie“ führen durfte, bewarb sich in Konkurrenz eines Mitbewerbers um die Praxisnachfolge in den Vertragsarztsitz eines verstorbenen Facharztes für Innere Medizin. Sie wollte die Praxis jedoch nicht weiterführen. Stattdessen wollte sie diese an den 300 m entfernten Standort ihrer Gemeinschaftspraxis verlegen, um die Patienten in unmittelbarer Nähe zum alten Standort weiter zu versorgen.

Neben ihrer besseren beruflichen Eignung führte sie auch Versorgungsgesichtspunkte an - zum Beispiel den behindertengerechten Zugang zu ihrer Praxis. Zudem seien die Räume des Vorgängers in einem desolaten Zustand. Die Erbengemeinschaft allerdings bevorzugte den Mitbewerber, der die Praxis weiterführen wollte.

Das SG entschied, dass nur ein Bewerber ausgewählt werden könne, der die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen möchte. Das setze voraus, dass die Tätigkeit am bisherigen Praxisort fortgesetzt werde. In räumlicher Hinsicht bedeutet dies grundsätzlich, dass der Nachfolger auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln möchte.

Lässt der Zulassungsausschuss einen Praxisnachfolger etwa fünfeinhalb Monate nach dem Tod des Inhabers zu, kann aufgrund dieser kurzen Zeitspanne ohne Praxisbetrieb noch nicht vom Fehlen eines Praxissubstrats ausgegangen werden. Somit sind Ärzte, die den Weiterbetrieb der Praxis am bisherigen Praxissitz gewährleisten können und wollen, konkurrierenden Bewerbern vorzuziehen. Vor diesem Hintergrund verlor die Ärztin den Rechtsstreit.

Hinweis: Ein behindertengerechter Zugang zu einer Praxis ist zwar grundsätzlich keine Zulassungsvoraussetzung, jedoch im Rahmen der Auswahlentscheidung eines Praxisnachfolgers ein Abwägungskriterium im Rahmen der Berücksichtigung der Belange behinderter Menschen.

SG Marburg, Urt. v. 13.06.2018 – S 12 KA 95/18

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