Scharfe Worte, klares Urteil

Kritik an Versandhandel zulässig

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
23 Feb. 2025

In Zeiten zunehmender Digitalisierung und wachsender Marktanteile von Versandapotheken wächst der Druck auf die Apotheken vor Ort. Viele Inhaber beklagen ungleiche Wettbewerbsbedingungen, da Online-Apotheken von steuerlichen Vorteilen profitieren und keine persönliche Beratung leisten. Diese strukturellen Unterschiede waren auch Gegenstand eines Interviews, das nun vor Gericht landete.

Ein Münchener Apotheker äußerte sich in einem Zeitungsinterview kritisch - und teils polemisch - zu den Wettbewerbsnachteilen stationärer Apotheken gegenüber Online-Versandapotheken. Er sprach unter anderem von unfairer Kostenstruktur, steuerlichen Ungleichheiten und mangelhafter Beratung durch Versandapotheken. So wies er darauf hin, dass Online-Apotheken, wenn sie ihren Sitz im benachbarten Ausland haben, weder Gewerbesteuer zahlen noch der regulären deutschen Mehrwertsteuer auf Arzneimittel unterliegen: Statt 19 % fallen etwa in den Niederlanden nur 9 % an. In diesem Zusammenhang bezeichnete er Online-Apotheken als „Schmarotzer unseres Steuersystems“.

Eine betroffene Versandapotheke klagte gegen diese Aussagen und forderte eine Unterlassungserklärung - ohne Erfolg. Das Landgericht München II (LG) entschied, dass die Äußerungen des Apothekers zulässig seien. Weder handle es sich um eine geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb noch habe die Klägerin nachweisen können, dass die Aussagen falsch oder gezielt diffamierend gewesen seien. Vielmehr habe der Apotheker nachvollziehbare strukturelle Unterschiede und Nachteile für Vor-Ort-Apotheken angesprochen. Auch die Verwendung des Begriffs „Schmarotzer“ sei durch die Meinungsfreiheit gedeckt gewesen. Das LG wertete dies als zulässige polemische Zuspitzung im Rahmen einer sachlichen Auseinandersetzung und nicht als unzulässige Schmähkritik oder bewusste Schikane.

Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Rechtsmittel eingelegt werden können. Dennoch unterstreicht es die Bedeutung der Meinungsfreiheit, insbesondere wenn auf tatsächliche Missstände oder Ungleichgewichte im Wettbewerb hingewiesen wird.

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