Selbständig oder sozialversicherungpflichtig?

In Krankenhausstruktur fest eingebundene Honorarärzte sind angestellten gleichzusetzen

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
06 Aug. 2019

Wann Honorarärzte in einem Krankenhaus als Selbständige anzusehen sind oder doch als Angestellte gelten und damit der Sozialversicherungspflicht unterliegen, hat kürzlich das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

 

Ein entscheidendes Kriterium zur Beurteilung der Sozialversicherungspflicht ist, ob die Betroffenen weisungsgebunden bzw. in eine Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Das sieht das BSG bei Ärzten im Krankenhaus als gegeben an, weil diese durch die dortigen Strukturen keinen unternehmerischen Einfluss haben. Anästhesisten sind so beispielsweise bei einer Operation zumeist Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeitet.

 

Die Anästhesistin dieses Falls war wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst überwiegend im OP tätig. Als Honorarärztin nutzte sie bei ihrer Tätigkeit zudem überwiegend personelle und sachliche Ressourcen des Krankenhauses. Entsprechend war die Ärztin hier - wie die beim Krankenhaus angestellten Ärzte - vollständig in den Betriebsablauf eingegliedert. Bei ihrer Tätigkeit als Honorarärztin im Krankenhaus gab es demnach keine unternehmerischen Entscheidungsspielräume. Die Honorarhöhe war hier nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien und in diesem Fall nicht ausschlaggebend.

 

Ob diese Beurteilung auch im Fall eines Stationsarztes greift, bleibt weiterhin offen. Ein Stationsarzt ist bei weitem nicht in ein derartiges Team wie ein OP-Team eingegliedert und steht insoweit auch nicht in Abhängigkeit zu anderen Ärzten wie ein Anästhesist. Nur wenn der Stationsarzt regelmäßig in die Strukturen und Abläufe des Krankenhauses eingefügt ist, sind auch die hier getroffenen Rechtsgründe zutreffend.

 

Das BSG weist darauf hin, dass ein Fachkräftemangel im Gesundheitswesen keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung dieser Fragestellung hat. Sozialrechtliche Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht könnten nicht außer Kraft gesetzt werden, um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen „entlastete“ höhere Entlohnung zu ermöglichen.

 

Hinweis: Neben der Honorarhöhe ist die Eingliederung in die Arbeitseinheit des Krankenhauses im Rahmen der Würdigung der Gesamtverhältnisse ausschlaggebend, womit weiterhin im Einzelfall eine Sozialversicherungspflicht sowohl bejaht als auch verneint werden kann. Zur Erlangung von Rechtssicherheit hilft im Zweifelsfall nur ein Statusfeststellungsverfahren durch einen Träger der Sozialversicherung.

BSG, Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R

Das könnte Sie interessieren

16Juli2019

Sozialversicherungspflichtige Pflegekraft: Weisungsabhängigkeit macht Selbständigkeit nahezu unmöglich

Wenige Tage nach seinem Urteil zur Selbständigkeit von Honorarärzten in Krankenhäusern musste sich das Bundessozialgericht (BSG) mit selbiger Frage bei Honorarpflegekräften ...

Mehr erfahren
26Aug.2022

„Freie Mitarbeit“ von Ärzten: Nächtliche Bereitschaftsdienste sind sozialversicherungspflichtig

Honorarärzte, die bei einer Klinik beschäftigt sind, sind abhängig beschäftigt und somit sozialversicherungspflichtig, so entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ...

Mehr erfahren
05Feb.2019

Honorar-Radiologe: Einbindung in Klinik besiegelt Sozialversicherungspflicht

Bei Radiologen, die auf Honorararztbasis in einer Klinik tätig sind, stellt sich häufig die Frage nach der Sozialversicherungspflicht. Genau damit musste sich auch das Landessozialgericht ...

Mehr erfahren
11Mai2022

Datenschutzverstoß: Ordnungsgemäße Datenverarbeitung ist Nebenpflicht des Behandlungsvertrags

Wird ein Patient in einem Krankenhaus behandelt, hat das betreffende Unternehmen entsprechende organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass nur solche ...

Mehr erfahren
18Mai2022

Datenschutzverstoß: Ordnungsgemäße Datenverarbeitung ist Nebenpflicht des Behandlungsvertrags

Wird ein Patient in einem Krankenhaus behandelt, hat das betreffende Unternehmen entsprechende organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass nur solche ...

Mehr erfahren
24Juni2020

Neupraxenregelung: Eine vorherige Tätigkeit als angestellter Arzt ist nicht anrechenbar

Wachstumstendenzen sich neu niederlassender Vertragsärzte werden grundsätzlich gefördert. Was es hierbei jedoch zu beachten gilt, veranschaulicht folgendes Urteil des Sozialgerichts ...

Mehr erfahren