Kann ein Sonderbedarf für bestimmte fachmedizinische Bereiche selbst dann beantragt werden, wenn hierfür in den benachbarten Planungsbereichen offenbar genug Versorgungskapazitäten zur Verfügung stehen? Mit dieser komplizierten Fragestellung musste sich das Sozialgericht Marburg (SG) kürzlich auseinandersetzen.
Die Trägerin eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) beantragte die Genehmigung zur Erhöhung des Anstellungsumfangs des Herrn Dr. C., Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie, von 20 auf 40 Wochenstunden im Wege des Sonderbedarfs in der Raumordnungsregion Nordhessen.
Grundsätzlich ist bei der Prüfung, ob ein Sonderbedarf vorliegt, trotz der unterschiedlichen Gestaltung der Planungsbereiche auf den gesamten Planungsbereich abzustellen. Dass die Planungsbereiche für alle Arztgruppen nicht mit den kommunalen Landkreisen übereinstimmen und somit eine unterschiedliche Versorgungsdichte gegeben ist, ist beabsichtigt. Denn Patienten sind im Rahmen der spezialisierten fachärztlichen Versorgung auch Wege über 25 km durchaus zumutbar. Die Versorgung in angrenzenden Planungsbereichen sei bei ergänzenden Zulassungen oder Ermächtigungen einzubeziehen. Denn es ist unerheblich, ob die vermeintliche Versorgungslücke von Leistungserbringern anderer Planungsbereiche gedeckt wird, solange die Versorgung letztendlich gedeckt ist.
Folglich wies das SG die Klage des MVZ-Trägers auf Genehmigung der Erhöhung des Anstellungsumfangs des Herrn Dr. C. im Wege des Sonderbedarfs ab. Wie zuvor auch der Zulassungsausschuss argumentierte, sei die Versorgung mit fachinternistischen Leistungen im Planungsbereich Raumordnungsregion Nordhessen sichergestellt. Es bestünden ausreichende Kapazitäten bei anderen Ärzten - auch im Hinblick auf das Fachgebiet des Herrn Dr. C. Die Versorgungslücke müsse in der gesamten Breite eines Versorgungsbereichs bestehen, was hier nicht der Fall sei. Solange freie Kapazitäten bei den anderen Ärzten vorlägen, gebe es daher auch keinen Sonderbedarf.
Hinweis: Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass der Zulassungsausschuss die Versorgung in der Nachbarstadt - Entfernung zum Standort der Klägerin 33 km - und in angrenzenden Planungsbereichen der Raumordnungsregionen Osthessen und Mittelhessen niedergelassene Onkologen bei der Beurteilung der vorhandenen Versorgungskapazitäten einbezogen hat. Eine Befragung hierzu hatte ergeben, dass mehrere Ärzte noch über freie Kapazitäten von bis zu 200 Patienten pro Quartal verfügten.
SG Marburg, Urt. v. 15.01.2020 – S 12 KA 230/18