Sozialversicherung von Ärzten

Gericht entscheidet über Beschäftigungsstatus

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
02 Jan. 2025

Ob jemand selbständig oder angestellt tätig und damit auch sozialversicherungspflichtig ist, sorgt als zentrale Frage immer wieder für rechtliche Auseinandersetzungen. Ein aktuelles Beispiel betrifft eine Ärztin, die im Rahmen der sogenannten zweiten Leichenschau für eine Gemeinde tätig ist, um die Freigabe zur Feuerbestattung zu bescheinigen. Doch wie lässt sich entscheiden, ob sie in diesem Fall als selbständig oder abhängig beschäftigt gilt?

Im Sozialrecht wird eine abhängige Beschäftigung durch die Eingliederung in den Betrieb und die Bindung an Weisungen des Arbeitsgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Leistungserbringung definiert. Im Gegensatz dazu ist eine selbständige Tätigkeit durch eigenes Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die freie Gestaltung der Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

Im Besprechungsfall übernimmt die Ärztin im wöchentlichen Wechsel mit anderen Ärzten für eine Gemeinde die zweite Leichenschau. Diese ist notwendig, um zu bestätigen, dass eine Person eines natürlichen Todes gestorben ist. Die Gemeinde hatte die Ärztin mündlich mit dieser Aufgabe betraut. Daran beteiligt sind auch Beschäftigte des Friedhofs, indem sie die Leichname zur Leichenschau vorbereiten. Die Ärztin stellt jedoch im eigenen Namen die Urkunde über die Leichenschau aus und handelt hierbei mit eigener verwaltungsrechtlicher Kompetenz.

Die Rentenversicherung hatte zunächst entschieden, dass die Ärztin aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig sei. Das Sozialgericht hob diese Entscheidung jedoch auf und stellte fest, dass die Ärztin ihre Tätigkeit selbständig ausführt. In zweiter Instanz bestätigte das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) dieses Urteil. Wesentliches Argument für die selbständige Tätigkeit ist, dass es sich bei der Leichenschau um einen Hoheitsakt handelt, der nur von befugten Ärzten ausgeführt werden kann. Zudem handelte die Ärztin völlig weisungsfrei und war nicht in die Arbeitsorganisation der Gemeinde integriert. Die Tatsache, dass sie die Tätigkeit eigenständig im Rahmen einer behördlichen Ermächtigung ausübte, unterstützte die Einschätzung, dass es sich um eine selbständige Tätigkeit handelt. Außerdem wurde berücksichtigt, dass die Ärztin für ihre Leistung ein Honorar in Höhe von 30 € pro Leichenschau erhob, das von den Hinterbliebenen bezahlt wird. Dies stehe im Gegensatz zu einem regulären Arbeitsentgelt.

Hinweis: Die Entscheidung des LSG zeigt beispielhaft, dass bei der Unterscheidung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit mehrere Faktoren berücksichtigt werden müssen, wie die Art der Tätigkeit, die Unabhängigkeit bei der Ausführung und die rechtliche Grundlage.

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