Sogenannte vermögensverwaltende Versicherungsverträge sind von den allgemeinen Besteuerungsregelungen für Versicherungsverträge ausgenommen und werden transparent besteuert. Der wirtschaftlich Berechtigte muss die anfallenden Kapitalerträge demnach direkt zu dem Zeitpunkt versteuern, in dem sie dem Depot oder Konto beim Versicherungsunternehmen zufließen (z.B. als Zinsen, Dividenden oder Veräußerungsgewinne).
Ein vermögensverwaltender Versicherungsvertrag liegt vor, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
In dem Versicherungsvertrag ist eine gesonderte Verwaltung von speziell für diesen Vertrag zusammengestellten Kapitalanlagen vereinbart worden,
die zusammengestellten Kapitalanlagen sind nicht auf öffentlich vertriebene Investmentfondsanteile oder Anlagen mit Entwicklungsabbildung eines veröffentlichten Indexes beschränkt und
der wirtschaftlich Berechtigte der Versicherung kann unmittelbar oder mittelbar über die Veräußerung der Vermögensgegenstände und die Wiederanlage der Erlöse bestimmen (Dispositionsmöglichkeit).
Letzteres ist nach einem aktuellen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht erfüllt, wenn der Berechtigte einer Lebensversicherung die Möglichkeit hat, aus mehreren standardisierten Anlagestrategien zu wählen.
Eine vermögende Frau hatte eine Lebensversicherung abgeschlossen, deren Versicherungsleistung von der Wertentwicklung eines Anlagestocks abhing. Sie hatte einen Sparanteil von 1,2 Mio. € eingezahlt, der daraufhin in verschiedene Vermögenswerte investiert wurde, die in einem Depotkonto zum Versicherungsvertrag lagen. Die Frau konnte zwar aus standardisierten Anlagestrategien wählen, hatte aber keinen direkten Einfluss auf die Auswahl der Vermögenswerte. Diese Entscheidungen wurden ausschließlich vom beauftragten Vermögensverwalter getroffen.
Das Finanzamt war der Ansicht, dass ein vermögensverwaltender Versicherungsvertrag vorlag und setzte bei der Frau jährlich 4 % des eingezahlten Betrags (= 48.000 €) als Einkünfte aus Kapitalvermögen an. Gegen diese Besteuerung klagte die Frau mit Erfolg: Der BFH entschied, dass die Erträge aus dem Anlagestock nicht der Frau zuzurechnen waren, weil kein vermögensverwaltender Versicherungsvertrag vorlag.
Hinweis: Für das Gericht war entscheidend, dass die Frau weder unmittelbar noch mittelbar über die Veräußerung der Vermögensgegenstände und die Wiederanlage der Erlöse bestimmen konnte, sie somit keine Dispositionsmöglichkeit hatte. Es genügte hier nicht, dass sie zwischen mehreren abstrakt vorgegebenen, standardisierten Anlagezielen wählen konnte, die auch anderen Versicherungsnehmern angeboten wurden.