Steueränderungen

Wann sind Gesetzesänderungen rückwirkend zulässig?

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
29 Okt. 2018

Dass der Gesetzgeber Steuergesetze gerne ändert, ist hinlänglich bekannt. Gründe für Gesetzesänderungen sind oftmals Urteile der Gerichte oder Regierungswechsel - und manchmal ändert der Steuergesetzgeber die Spielregeln sogar „im laufenden Spiel“, das heißt, neue Gesetze wirken nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend.

So ging es auch einer AG, die im Jahr 2003 Anteilsscheine an einem Spezialfonds mit Verlust verkaufte. Im Zeitpunkt des Verkaufs war geltende Rechtslage (zwar strittig, aber grundsätzlich geltend!), dass diese Verluste bei der Ermittlung des Einkommens geltend gemacht werden konnten. Am 22.12.2003 wurde im Bundesgesetzblatt jedoch ein Gesetz veröffentlicht, wonach genau diese Verluste nicht mehr einkommensmindernd abgezogen werden dürfen.

Das Finanzamt erkannte daraufhin die in der Steuererklärung 2003 von der AG erklärten Verluste nicht an und ließ diese unberücksichtigt. Dagegen erhob die AG Einspruch und begründete ihren Rechtsbehelf mit dem Argument, dass es sich bei der Auswirkung aus der neuen Regelung um eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung handele. Das Finanzamt wies den Einspruch jedoch als unbegründet zurück.

Auch das Finanzgericht Münster kam zu der Einschätzung, dass die Folgen des neuen Gesetzes bei genauerer Betrachtung lediglich eine - verfassungsrechtlich zulässige - „unechte“ Rückwirkung darstellen. Denn die Körperschaftsteuer für das Jahr 2003 sei erst mit Ablauf des 31.12.2003 entstanden, während das Gesetz bereits am 22.12.2003 veröffentlicht worden sei.

Hinweis: Die Klägerin wollte sich mit diesem Urteil nicht zufriedengeben und legte Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Das Verfahren hat allerdings nicht nur Bedeutung für den individuellen Fall der AG. Vor allem stellt sich die Frage, was der BFH unter einer zulässigen und einer unzulässigen Rückwirkung versteht. Diese Frage wurde in der Vergangenheit schon öfter diskutiert, möglicherweise ergeben sich durch das Revisionsverfahren neue Erkenntnisse.

Das könnte Sie interessieren

29Juni2016

Umsatzsteuer auf Bauleistungen: Doch kein Vertrauensschutz für Subunternehmer?

Das Finanzgericht Münster (FG) hat im Fall eines Subunternehmers aus der Baubranche den sogenannten Vertrauensschutz abgelehnt. Es hat also das Vertrauen des Unternehmers ...

Mehr erfahren
18Aug.2016

Erbschaftsteuerreform: Was passiert, wenn nichts passiert?

Am 17.12.2014 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz enthaltenen Verschonungsregelungen bei der Übertragung ...

Mehr erfahren
13Dez.2017

Verlustuntergang: Ist auch der vollständige Verlustwegfall verfassungswidrig?

Die aktuelle Regelung zum Verlustwegfall soll missbräuchlichen Gestaltungen (sog. Mantelhandel) vorbeugen und enthält zwei Varianten:den anteiligen Verlustuntergang bei ...

Mehr erfahren
22Aug.2015

Gesetzgebung: Kindergeld und Freibeträge werden rückwirkend zum 01.01.2015 erhöht

Aufgrund der Veränderung der Lebenshaltungskosten verändert sich auch das Existenzminimum des einzelnen Menschen. Die Höhe des Existenzminimums entspricht jener des nicht ...

Mehr erfahren
06Nov.2015

Grunderwerbsteuer: Bemessungsverfahren für Übertragungen ohne Kaufpreis ist hinfällig

Es war schon länger abzusehen und nun ist es passiert: Nachdem der Bundesfinanzhof bereits 2011 Zweifel geäußert und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen hatte, ...

Mehr erfahren
30Dez.2015

Info an Familienkasse: Eltern müssen Steuer-ID ihres Kindes im Laufe des Jahres 2016 mitteilen

„Ohne Steuer-Identifikationsnummer gibt es ab Januar kein Kindergeld mehr“ - solche und ähnliche Schlagzeilen haben viele Eltern in den letzten Monaten in Aufregung versetzt. ...

Mehr erfahren