Gestaltet sich die Sachverhaltsermittlung in einem Besteuerungsverfahren kompliziert und schwierig, können Finanzamt und Steuerzahler eine sogenannte tatsächliche Verständigung treffen. In dieser (vollkommen legalen) Übereinkunft lassen sich dann gemeinsam die Sachverhaltsmerkmale festlegen, die der Besteuerung zugrunde gelegt werden sollen (z.B. das Ende einer Gewinnerzielungsabsicht). Ein solcher „Deal“ kommt für bereits verwirklichte Sachverhalte in Betracht und entfaltet in der Regel Bindungswirkung für die Beteiligten.
Hinweis: Tatsächliche Verständigungen sollen den Rechtsfrieden herstellen und weitere Einsprüche und Klagen vermeiden.
Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt, dass eine (bindende) tatsächliche Verständigung aber nur dann vorliegt, wenn auf Seiten der Finanzbehörde ein Amtsträger beteiligt ist, der für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständig ist.
Im zugrundeliegenden Fall hatte die Steuerfahndung eines Finanzamts (Steufa) gegen einen Gewerbetreibenden ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet. Im Rahmen der Schlussbesprechung der Steuerfahndungsprüfung hatten der Gewerbetreibende, sein Prozessbevollmächtigter und der Sachgebietsleiter der Steufa einen Aktenvermerk unterzeichnet, wonach beide Seiten für bislang nichtverbuchte Lieferungen eine bestimmte Gewinnmarge für angemessen hielten. Das Finanzamt übernahm den Teilbericht der Steufa später unverändert in den Bericht der Betriebsprüfung und änderte die betroffenen Einkommensteuerbescheide des Gewerbetreibenden entsprechend dem Prüfungsergebnis der Steufa ab.
Der Gewerbetreibende war mit den vorgenommenen Gewinnerhöhungen jedoch nicht einverstanden und stellte das Vorliegen einer tatsächlichen Verständigung in Frage. In letzter Instanz hatte er damit Erfolg. Der BFH urteilte, dass im vorliegenden Fall keine tatsächliche Verständigung zustande gekommen ist, da auf Seiten der Finanzbehörde lediglich der Sachgebietsleiter der Steufa beteiligt war. Es fehlte an der Beteiligung eines für die Steuerfestsetzung zuständigen Amtsträgers. Diese ist für eine wirksame Vereinbarung nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlich. Die geschlossene Vereinbarung konnte daher im Ergebnis keine Bindungswirkung für die Beteiligten entfalten.
Hinweis: Der BFH hob das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache zurück, weil noch zu klären war, ob die vom Finanzamt zugrunde gelegten Besteuerungsgrundlagen rechtmäßig waren.