Durch ein Testament kann die gesetzliche Erbfolge ausgehebelt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn die im Testament eingesetzte Person auch wirksam eingesetzt werden konnte. Zweifel kommen den Verwandten bei einer solchen Erbeinsetzung meistens dann, wenn plötzlich eine Person Erbe wird, die den Erblasser von Amts oder Berufs wegen kennengelernt hat. Kann nun ein behandelnder Arzt wirksam in einem Testament als Erbe eingesetzt werden? Das ist möglich, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).
Im konkreten Fall setzte eine Patientin ihren behandelnden Arzt neben anderen Personen als Miterben in ihrem Testament ein. Das betreffende Testament legte sie ihrem Arzt vor und bat gleichzeitig um die Bestätigung ihrer Testierfähigkeit. Der Arzt brachte einen entsprechenden Vermerk auf dem Testament an. Nach dem Tod der Frau stellte der Arzt bei Gericht einen Antrag auf Erteilung des Erbscheins. Damit war er nicht allein: Zwei weitere Miterben forderten einen Erbschein an. Einer der Miterben hielt die Erbeinsetzung des Arztes und damit auch das Testament teilweise für unwirksam. Seine Begründung: Er sah in der Erbeinsetzung des Arztes einen Verstoß gegen die Berufsordnung. Demnach soll es Ärzten unter anderem nicht erlaubt sein, sich Vorteile von Patienten versprechen zu lassen oder anzunehmen - vorausgesetzt, es entsteht der Eindruck, dass hierdurch die ärztliche Unabhängigkeit beeinflusst wird. Ferner zweifelte der Miterbe die Testierfähigkeit der herzkranken und pflegebedürftigen Erblasserin an.
In seiner Eigenschaft als Nachlassgericht erklärte das Amtsgericht Kassel (AG) daraufhin das Testament teilweise mit der Begründung, die Erbeinsetzung verstoße gegen die Berufsordnung der hessischen Ärztekammer, für nichtig. Gegen die Entscheidung des Gerichts zog der Arzt mit einer Beschwerde vor das OLG - und hatte damit Erfolg. Das OLG hob die Entscheidung des AG auf und stellte fest, dass die berufsständische Regelung zwar ein Verbotsgesetz darstelle, aber ein Verstoß gegen dieses Gesetz nicht automatisch die Nichtigkeit des Testaments zur Folge habe.
Hinweis: Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) hat das OLG zugelassen, weil der Schutzbereich der streitgegenständlichen Berufsordnung bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Das Urteil zeigt die Komplexität der juristischen Bewertung von Testamenten, in denen berufsständische Grenzen berührt werden. Es bleibt abzuwarten, wie nun der BGH entscheiden wird.