Tomatis-Therapie

Ohne Befähigungsnachweis keine Umsatzsteuerfreiheit

Eine Ärztin schaut auf ein Tablet
14 Sept. 2016

Im Zusammenhang mit alternativen Behandlungsmethoden wird auch in Medizinerkreisen manchmal der Slogan verwendet: Wer heilt, hat recht. Steuerrechtlich hat sich das Finanzgericht Hamburg (FG) die Sache nicht ganz so einfach gemacht.

Anlass zum Grübeln bot ihm der Betreiber eines Instituts für Audio-Psycho-Phonologie (Tomatis-Institut). Er behandelte Menschen mit Hör- und Wahrnehmungsstörungen nach der sogenannten Tomatis-Methode. Diese Methode war in den fünfziger Jahren von dem HNO-Arzt und Chirurgen Dr. med. Alfred Tomatis begründet worden. Der Kläger hatte an verschiedenen Kursen am Tomatis-Institut teilgenommen und war Assistent von Dr. Tomatis gewesen.

Bei seinen Patienten handelte es sich größtenteils um Kinder mit Hörstörungen, beispielsweise nach einem Hörsturz. Die Behandlungskosten wurden nur in seltenen Ausnahmefällen von den Krankenversicherungsträgern übernommen. Der Kläger ging dennoch davon aus, dass seine Leistungen als Heilbehandlungen von der Umsatzsteuer befreit sind.

Dieser Rechtsauffassung ist das FG nicht gefolgt. Denn bei der Ausübung von therapeutischen Maßnahmen nach der Tomatis-Methode handelt es sich um keine "ähnliche heilberufliche Tätigkeit". Von der Umsatzsteuer befreit sind aber nur Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit sowie aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker.

Im Fall des Klägers kam eine Qualifikation als ähnliche heilberufliche Tätigkeit deshalb nicht in Betracht, weil er nicht über den erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweis verfügte. Es gibt in Deutschland bisher weder berufsrechtliche Regelungen noch eine staatliche Erlaubnis und Überwachung der Berufsausübung für Tomatis-Therapeuten. Da die Berufsausübung nicht von einer staatlichen Erlaubnis abhängt, fehlt es an dem für die Steuerbefreiung erforderlichen Befähigungsnachweis.

Dieser Nachweis kann sich in Ausnahmefällen auch daraus ergeben, dass die Kosten durch Sozialversicherungsträger übernommen werden. Da die Therapie allerdings noch nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten ist und die Kosten nur in Ausnahmefällen übernommen werden, schied im Urteilsfall auch diese Möglichkeit aus. Die Leistungen des Klägers waren also umsatzsteuerpflichtig.

Fundstelle/n:
FG Hamburg, Urt. v. 17.03.2016 – 2 K 263/14, NZB (BFH: V B 70/16); www.steuer-telex.de

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