Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung untersucht die Dynamik von Übernahmen auf dem globalen Pharmamarkt, speziell im Bereich der Antidiabetika zwischen 1997 und 2017. Entgegen der weitverbreiteten Annahme, dass große Pharmaunternehmen kleine Konkurrenten durch sog. Killer-Akquisitionen verdrängen, zeigt die Analyse, dass dies eher selten der Fall ist. Tatsächlich werden die meisten Übernahmen von kleinen forschungsorientierten Unternehmen getätigt.
Von den 186 identifizierten Übernahmen im Antidiabetika-Markt wurden nur sechs von den Marktführern durchgeführt, während zwei Drittel der Übernahmen auf kleine Unternehmen entfielen, die noch keine eigenen Produkte auf dem Markt hatten. Dies widerlegt den Mythos, dass große Pharmaunternehmen den Wettbewerb durch Übernahmen bewusst einschränken. Große Marktteilnehmer, die jeweils mehr als 10 % Marktanteil halten, konzentrieren sich vor allem auf ihre eigene Forschung und Entwicklung. Nur 3 % der Übernahmen wurden von diesen Marktführern getätigt, obwohl sie 13 % aller Diabetes-Projekte kontrollieren. Im Gegensatz dazu übernehmen kleinere Firmen häufiger Projekte von anderen. Sie arbeiten an 19 % der laufenden Entwicklungen, haben aber auch 30 % dieser Projekte durch Zukäufe hinzugewonnen. Dies ermöglicht es ihnen, finanzielle und geistige Ressourcen zu bündeln und die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten zu beschleunigen.
Eine wesentliche Erkenntnis der Studie ist, dass Übernahmen oft darauf abzielen, Projekte durch die finanziellen Ressourcen der Käufer zur Marktreife zu bringen, statt den Wettbewerb zu behindern. Kleinere Unternehmen profitieren von Verkäufen, um ihre Forschung weiterzuführen, während größere Unternehmen Technologien und Fachwissen integrieren.
Die Autoren weisen allerdings auch darauf hin, dass mögliche Marktverdrängungen nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Wettbewerbsbehörden sollten ihre Aufmerksamkeit weniger auf Übernahmen kurz vor der Markteinführung lenken, sondern verstärkt die Innovationsmärkte im Blick behalten. Dies erfordert verbesserte Instrumente zur Bewertung von Übernahmen - insbesondere bei Projekten, die sich noch in frühen Entwicklungsphasen befinden. Hier könnten Patentanalyse-Tools helfen, das Innovationspotenzial und die Auswirkungen von Übernahmen besser einzuschätzen.